Bischof Laun über 'Amoris Laetita' und die 'Dubia' der vier Kardinäle

3. Jänner 2017 in Interview


Salzburger Weihbischof im „One Peter Five“-Interview: „Ich habe die Sorgen der Kardinäle gelesen und stimme ihnen zu! Außerdem kenne ich die Kardinäle Meisner und Caffarra und weiß, wie kompetent sie sind! Mit ihnen bin ich in bester Gesellschaft!“


Vatikan (kath.net/Onepeterfive) Bischof Andreas Laun (Archivfoto) ist Weihbischof in Salzburg/Österreich. Außerdem ist er Professor für Moraltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule „Benedikt XVI.“ in Heiligenkreuz/Österreich. Er ist Mitglied der Oblaten des Hl. Franz von Sales. kath.net veröffentlicht das „One Peter Five“-Interview in voller Länge in der autorisierten deutschen Übersetzung.

Maike Hickson: Sie sind einer der Unterzeichner des „Treuebekenntnisses zur unveränderlichen Lehre der Kirche über die Ehe und zu ihrer ununterbrochenen Disziplin“, die nun bereits mehr als 30.000 Unterstützer gefunden hat. Können Sie uns den Grund nennen, weshalb Sie sich entschlossen haben, dieses Dokument zu unterzeichnen? Welche Aspekte des Apostolischen Schreibens Amoris Laetitia sind in Ihren Augen problematisch und offen für widersprüchliche Interpretationen?

Laun: Ich habe die Sorgen der Kardinäle gelesen und stimme ihnen zu! Und außerdem kenne ich vor allem die Kardinäle Meisner und Caffarra und weiß, wie kompetent sie sind! Mit ihnen bin ich in bester Gesellschaft!

Hickson: Sehen Sie irgendeinen Weg für wiederverheirate Geschiedene, die Sakramente zu empfangen, ohne dass sie ihre Lebensweise ändern und dann als Bruder und Schwester zusammenleben?

Laun: „Leider“ nein! Ich wäre froh, ihnen einen leichteren Weg nennen zu können. Aber es geht um die Wahrheit und nicht meine Gefühle. Mit Barmherzigkeit hat diese sachliche Frage nichts zu tun. Hätte Johannes der Täufer dem Herodes die Frau seines Bruders „barmherzig erlauben“ können?

Der geistliche Begleiter, auf den der Papst großen Wert legt, ist in der Rolle eines Arztes, der eine Diagnose erstellt und dabei dem Patienten keinen Dienst erweist, wenn er die Krankheit schönredet, wie er sie gerne hätte, obwohl er um ihre Gefährlichkeit weiß.

Hickson: Nun haben vier Kardinäle – Walter Brandmüller, Joachim Meisner, Carlo Caffarra und Raymond Leo Burke – fünf Dubia bezüglich Amoria Laetitia an Papst Franziskus gestellt und, da sie keine Antwort erhalten haben, sie auch veröffentlicht. Die vier Kardinäle sind dafür kritisiert worden und man hat ihnen ein Mangel an Loyalität gegenüber dem Papst vorgeworfen. Wie beurteilen Sie das Verhalten der vier Kardinäle?

Laun: Das Verhalten der Kardinäle ist ein Dienst an der Lehre der Kirche! In der Geschichte gibt es viele Beispiele für Kritik auch an einem Papst. Sie hat der „Moral jeder Kritik” zu folgen: höflich, sachlich, gerecht, getragen von Liebe und viel Verständnis für den Kritisierten, weil jede Kritik auch mehr oder weniger weh tut.

Hickson: Würden Sie, wenn es Ihnen angeboten würde, diese Dubia auch unterschreiben?

Laun: Ja, nach nochmaliger Lektüre und vielleicht nach Rücksprache mit wenigstens einem der Kardinäle: ich würde sie unterschreiben!

Hickson: Kennen Sie andere Bischöfe oder Kardinäle, die Sympathien mit den vier Kardinälen haben, sich aber nicht wagen, dies öffentlich kundzutun?

Laun: Nein, aber es wäre eine gewisse Schande, wenn jemand aus Angst nicht redete! Schweigen kann, sagt Gregor der Große, eine Sünde sein, und Otto von Habsburg hat gesagt, die Feigheit sei ein Hauptlaster unserer Zeit!

Hickson: Ist es in Ihren Augen einem Kardinal oder Bischof erlaubt, öffentlich Kritik am Heiligen Vater zu äußern, und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Welche Güter werden bei einem solchen Schritt – der natürlich sehr genau bedacht werden muss – erwogen?

Laun: Jeder Mensch hat das Recht zu einer solchen Kritik: Wenn der Papst z. B. über Themen redet, die nicht zu seiner Zuständigkeit gehören. Genauer: Er kann sich natürlich in allen möglichen Bereichen zu Wort melden, aber es sollte klar bleiben, wo er als Papst spricht oder eben nur als Mensch, wie jeder andere auch: z.B. über die Klimaentwicklung oder über eine Frage des Glaubens oder der Moral!

Beispielsweise hat Pius XII. einmal zwar sehr kompetent über Bienen gesprochen, aber dafür konnte er natürlich keine Zustimmung des Glaubens verlangen. Kritik kann natürlich auch das persönliche Leben eines Papstes betreffen, wie dies bei der hl. Katarina von Siena der Fall war. Der damalige Papst war demütig genug, diese Kritik anzunehmen!

Hickson: Denken Sie angesichts einer großen moralischen Krise innerhalb und außerhalb der Kirche, wo eine große Anzahl von Menschen nicht mehr der christlichen Moral folgen, dass es richtig ist, die moralischen Maßstäbe zu senken? Oder sollten die Menschen vielmehr zur Bekehrung aufgerufen werden, indem man ihnen auch die negativen Folgen eines moralisch ungeordneten Lebens aufzeigt?

Laun: Der Papst kann genauso wenig einen moralischen Maßstab weder senken noch anheben – so wie er ein physikalisches Gesetz nicht ändern kann.

Moralische Gesetze sind Gottesgesetze oder sie gehören als nur menschliche Gesetze nicht zur Moral als solcher. Für eine gute, kath. Morallehre ist es wichtig, den Gottesbezug verständlich zu machen und zu zeigen, dass die katholische Moral bildhaft gesprochen die „artgerechte Haltung des Menschen ist”, im Unterschied zu den Tieren in Freiheit und auf Grund von Einsicht!

Hickson: Wie soll die Katholische Kirche diese Diskussion führen, und wo ist überhaupt das Wohl der Kinder noch präsent – in der Ehefrage wie auch in der Lebensschutzfrage? Hat das Wort Jesu „Lasset die Kleinen zu mir kommen” heute überhaupt noch eine Bedeutung?

Laun: Die beste Katechese und Lehre besteht im Verweis auf Vorbilder und Geschichten, die helfen, die Gottes-Schrift im eigenen Herzen (Paulus!) richtig zu lesen.

Jesus hat keine Vorlesungen gehalten und keine komplizierten Bücher geschrieben, sondern vor allem im Dialog das eigene Denken und die Einsicht buchstäblich provoziert.

Zum Thema Einsicht nenne ich das heikle Beispiel Verhütung: Wer verstanden hat, wie Verhütung auch die Liebe beschädigt und die Erfahrung mit dem Rat der Kirche gemacht hat, weiß, warum Paul VI. Humanae vitae geschrieben hat und wie gut das Leben nach dieser Lehre für die Liebe ist, auch wenn es zugleich schwer fällt. Aber das gibt es auch in anderen Situationen, bei denen man Gottes Gebot folgt!

Dieses Interview erschien zuerst in englischer Sprache im Magazin Onepeterfive, dem kath.net für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung in deutscher Sprache dankt.

Die Übersetzung der Antworten wurde von Bischof Laun durchgesehen und autorisiert.

Archivfoto Bischof Andreas Laun


Archivfoto (c) Erddiözese Salzburg


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