Eskalation um den Malteserorden

28. Dezember 2016 in Aktuelles


Vatikan schaltet sich ein. Im Hintergrund tobt ein kirchlicher Machtkampf. Im Hintergrund geht es um das Thema "Entweltlichung". Auch kath.net wird bedroht


Rom (kath.net/red/af/pb)
Die Neubesetzung des Großkanzlers des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens sorgt weiterhin für heftige Diskussionen in kirchlichen Kreisen und für Verstimmung im Orden und beim Vatikan. kath.net hat berichtet.

Im Hintergrund geht es unter anderem auch darum, dass Werke des Ordens wie beispielsweise Malteser International, die eingebunden in
internationale Hilfsaktivitäten der UNO und vieler NGOs in Krisengebieten sind, rund um den Erdball auch Kondome und orale Verhütungsmittel verteilt haben, ein Vorgang, der mit der Lehre der Kirche klar nicht vereinbar ist. Außerdem soll es sogar Projekte gegegeben haben wie beispielsweise im Kongo, wo nach Vergewaltigungen sogar spezielle „Pillen danach“ verteilt wurden, um eine Schwangerschaft zu verhindern.

Der erste Fall soll vor vielen Jahren in Afrika aufgetreten sein. Allerdings scheinen sich diese Vorgänge wiederholt zu haben und an
verschiedenen Orten bis heute fortdauern. Die Malteser kassieren für ihre Aktivitäten auch internationale Gelder wie zum Beispiel für ein Projekt für den Zeitraum von 2013 bis 2016 im Rahmen von „Save the Children“, wo es um einen Betrag von USD 2,1 Mio für „Global Fund to Fight HIV and AIDS“ geht.

In dem Zusammenhang hat jetzt ein unabhängiges US-Institut im Umfeld der amerikanischen Pro-Life-Bewegung, das Lepanto Institut, vor wenigen Tagen einen umfassenden Bericht über einige internationale Aktivitäten des Ordens publiziert. Dabei wurden direkte Internetlinks zu UN und anderen Dokumenten bereitgestellt, in denen die Malteser bis heute als Kooperationspartner für die Verteilung von Kondomen aber auch oralen Verhütungsmitteln aufgezählt werden. Außerdem zeigt der Report die Webseite des Aids Dienstes der Malteser in Österreich, wo Kondome und Femidome als Mittel gegen Aids aufgezählt werden. Sogar eine Jobannonce der Malteser aus dem Jahr 2014 wird gezeigt, bei der ein Mitarbeiter unter anderem mit Erfahrung zur Beratung für die Verwendung von Kondomen, gesucht wird.

Der für all diese internationalen Hilfsaktivitäten zuständige Malteser war Albrecht Freiherr von Boeselager, Großhospitalier von 1989-2014 sowie Präsident von Malteser International. Er wurde 2014 zum neuen Großkanzler des Ordens gewählt. Als vor einiger Zeit weitere Aktivitäten des Ordens aus der Zeit von Boeselager bekannt wurden, die nicht mit der Lehre der Kirche über Verhütung und Familienplanung im Einklang standen, bat der Fürst und Großmeister des Ordens, Frá Matthew Festing, Boeselager um
seinen Rücktritt. Es gibt dazu in Rom sogar das Gerücht, Boeselager habe den Orden nicht über die weiteren Aktivitäten in dem genannten Zusammenhang informiert und den diesbezüglichen Bericht anfänglich nicht an den Großmeister weitergegeben.

Erschwerend kam hinzu, dass Boeselager ein spezielles Gehorsamsversprechen gegenüber seinen Vorgesetzten im Orden, das sogenannte "Oboedienzversprechen" abgelegt hatte. Als Ritter in Oboedienz ist eine Verweigerung einer Bitte oder Anordnung seiner Vorgesetzten im Orden eine schwere Verfehlung gegen das Reglement des Ordens. Als er den gebotenen Rücktritt mehrfach verweigerte, wurde er suspendiert und das oberste Führungsgremium des Ordens wählte einen neuen Großkanzler.

Boeselager und einige Verbündete, vor allem aus Deutschland und Österreich begannen anschließend bei verschiedenen Stellen zu intervenieren. Aus dem Vatikan ist zu erfahren, dass unter anderem Kardinal Marx in dem Zusammenhang aktiv wurde. Die Einflussnahmen waren vorerst erfolgreich, denn kurz vor Weihnachten wurde eine "vatikanische Untersuchungskommission" einberufen. Laut ABC-News soll diese vor allem aus Leuten aus dem Umfeld von Boeselager bestehen.

Interessant in dem Zusammenhang ist, dass der Vatikan beim Malteserorden durch einen permanenten Vertreter, den vom Papst selber ernannten Kardinalpatron Raymond Kardinal Burke repräsentiert ist. Beim Großkanzler selbst handelt es sich um den Innen- und Außenminister des unabhängigen Völkerrechtssubjektes Malteserorden und nicht um eine
Funktion, die mit der Spiritualität des Ordens zu tun hat. Nur für diese kann aber de facto der Vatikan eine Zuständigkeit beanspruchen. Alle anderen Bereiche der Regierung des Ordens sind dessen unabhängige, innerstaatliche Angelegenheit und unterstehen nicht der obersten Jurisdiktion des Vatikan. Eine Vergleich: Das wäre so, als würde der Vatikan sich in die Regierungsgeschäfte oder Verfassungsfragen in Österreich oder Deutschland einmischen. Daher hat der Großmeister des Ordens den Vatikan klar auf diesen Umstand hingewiesen und die Untersuchungskommission, wegen mangelnder Zuständigkeit freundlich abgelehnt.

Kath.net hatte bereits Mitte Dezember über diese Vorgänge berichtet und dazu mit höchsten Vertretern des Ordens und des Vatikan gesprochen. Boeselager selbst schien der Bericht nicht zu gefallen und er ließ dessen angebliche Fehler durch seine Anwälte aufzählen. In einem Anwaltsschreiben wurde kath.net gedroht und zum Widerruf, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und für den Fall eines Verstoßes dagegen zur Zahlung einer hohen Geldbuße aufgefordert. Das Schreiben der
renommierten Bonner Rechtsanwaltskanzlei ist im Ton aggressiv und verlangt von kath.net nichts anderes als erwiesene Tatsachen, für die es unter anderem namhafte Zeugen im Orden und im Vatikan gibt, zu verschweigen.

Am Ende bleibt die Frage, warum Albrecht von Boeselager trotz seiner Abberufung, seine Suspendierung nicht zur Kenntnis nehmen will und sich in Interviews weiterhin als rechtmäßiger Großkanzler bezeichnet. Der Großmeister des Malteserordens, Frá Matthew Festing, rief deshalb ebenfalls knapp vor Weihnachten alle Mitglieder des Ordens und hier vor allem jene kleine Gruppe in den deutschsprachigen Ländern, die sich hinter Boeselager stellten und die Entscheidungen der Ordensregierung angriffen, auf, sich loyal zum Ordens- und Staatsoberhaupt zu erklären und dessen Entscheidungen zu akzeptieren.

Weitere Infos:

http://www.lepantoinstitute.org


https://www.orderofmalta.int



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