Synode in Bayern: Kritik an Landesbischof Bedford-Strohm

22. November 2016 in Deutschland


EKD-Ratsvorsitzender verteidigt sein Ablegen des Kreuzes in Jerusalem - Synodalpräsidentin: Kirche muss beim Einsatz für Migranten auch nachdenken, „ob und wann die Belastbarkeit einer Gesellschaft an ihre Grenzen gelangt“


Bad Reichenhall (kath.net/idea) Auf Kritik ist in der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern das Auftreten des EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), während einer ökumenischen Pilgerreise in Israel gestoßen. Dabei hatten er und Kardinal Reinhard Marx (München) im Oktober bei einem Besuch des Tempelbergs und der Klagemauer ihr Kreuz abgelegt. Der Sprecher des Arbeitskreises Bekennender Christen in Bayern, Hans-Joachim Vieweger (München), nannte die Abnahme des Kreuzes ein „falsches Zeichen am falschen Ort“. „Für mich bleibt fatal, was hier auf dem Tempelberg geschehen ist“, sagte Vieweger bei der Tagung in Bad Reichenhall. Der Inspektor des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbandes, Pfarrer Konrad Flämig (Puschendorf), bezeichnete das Verhalten als ein verheerendes Signal für die Christen im Orient: „In ihrem kulturellen Kontext wird das als Niederlage gegenüber dem Islam verstanden.“

„Wir hatten nur zwei schlechte Optionen“

Bedford-Strohm verteidigte sein Vorgehen. Er habe damit „situativ der Bitte eines gut meinenden Menschen entsprochen, der uns geführt hat“. Kurz zuvor sei die Stimmung zusätzlich aufgeheizt worden, als eine Gruppe offensichtlich jüdischer Siedler versucht habe, auf den Tempelberg zu gelangen. Hätte man die Lage so vorausgesehen, wäre man nicht in Amtstracht auf den Tempelberg oder an die Klagemauer gegangen, so der Landesbischof. „Es ist traurig, wenn die Situation zwischen den Religionen so angespannt und aufgeheizt ist, dass schon das Tragen eines christlichen Kreuzes als pure Machtdemonstration verstanden wird und Zwietracht sät. Ich bin tieftraurig über Aggressionspotenzial, das mit Tragen von religiösen Symbolen an diesen Orten in Israel herrscht.“ Dazu dürfe es in Deutschland niemals kommen. „In Jerusalem hatten wir im Grunde nur zwei schlechte Optionen. Das Abnehmen eines Kreuzes ist keine Tat, die man sich wünscht.“ Der Bekennermut mache sich daran aber nicht fest. „Ich habe auch für die Menschen vor Ort gehandelt“, so Bedford-Strohm. Er bedauere, dass dieses Thema so symbolisch aufgeladen wurde. Er halte außerdem die UNESCO-Resolution, die den Tempelberg einseitig den Muslimen zuschlage, für falsch.

Nicht mit der „viel zu hohen Zahl“ an Kirchenaustritten abfinden

In seinem Bericht bezeichnete Bedford-Strohm die revidierte Lutherbibel 2017 als ein Buch gegen die Angst: „Deshalb sollen sie alle lesen.“ Er rief ferner dazu auf, sich nicht mit der „viel zu hohen Zahl“ an Kirchenaustritten abzufinden. „Vielleicht ist die mittelfristige Verknappung von Ressourcen durchaus eine Chance, unsere Kirche gründlich durchzulüften und sie noch konzentrierter und profilierter in den Dienst einer zeitgemäßen Verkündigung zu stellen.“

Bedford-Strohm begrüßt die Kandidaturen von Merkel und Steinmeier

Der Landesbischof begrüßte bei einer Pressekonferenz die erneute Kandidatur von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er freue sich, wenn sich engagierte Christen für solche Ämter zur Verfügung stellen. Das gelte auch für Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der als profilierter evangelischer Christ im Frühjahr Bundespräsident werden wolle.

Nach seinen Worten muss es möglich sein, in der Kirche ohne Angst über alles zu sprechen, „ohne moralisch abgestempelt zu werden. Die einzige Grenze liege da, wo Meinungsäußerungen in Hetze und Stimmungsmache gegen Schwächere abgleite.

Synodalpräsidentin warnt vor Überlastung der Gesellschaft

Die Präsidentin der Landessynode, Annekathrin Preidel (Erlangen), warnte zu Beginn der Tagung, die vom 20. bis 24. November stattfindet, vor einer Überlastung der Gesellschaft aufgrund des Zustroms von Flüchtlingen. Beim Einsatz für die Migranten müsse die Kirche auch darüber nachdenken, „ob und wann die Belastbarkeit einer Gesellschaft an ihre Grenzen gelangt und wie wir damit umgehen, dass unsere Herzen weit, aber unsere Möglichkeiten und Ressourcen begrenzt sind“. Wenn man einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen keine Integrationsperspektive mehr bieten könne, weil die Mittel, Kräfte und guter Wille erschöpft seien, drohten Frustration, Depression und eine Radikalisierung der Gesellschaft.

Preidel rief die Synodalen auch angesichts der großen gesellschaftlichen Unsicherheiten auf, evangelisches Profil zu zeigen. Kirche müsse sich auf das Wesentliche konzentrieren und Profil zeigen, ohne dass sie engstirnig, ausschließend oder gar fundamentalistisch sei. Sie setze sich durch die „Herzenswärme des Glaubens“ für die Achtung der Menschenrechte, Feindesliebe, Lebensrecht und Nächstenliebe ein. Diese müssten zu inneren Werten jedes Einzelnen und der europäischen Gesellschaft werden. „Seien wir mutig und stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel der gesellschaftlichen Unauffälligkeit“, so Preidel.

Der Landrat und Landtagsabgeordnete Georg Grabner (CSU) rief die 108 Synodalen dazu auf, als Christen mutiger aufzutreten und mehr vom Glauben begeistert zu sein. Nur so könne man der Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft entgegentreten.

17 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit

Im Mittelpunkt der Tagung stehen auch Haushaltsberatungen. Der Entwurf für das nächste Jahr sieht Einnahmen und Ausgaben von 907 Millionen Euro vor. Am meisten gebe die bayerische Landeskirche für Personal mit 484 Millionen Euro aus, sagte der Finanzchef der Landeskirche, Oberkirchenrat Erich Theodor Barzen (München). Für die Flüchtlingsarbeit sind im kommenden Jahr 17 Millionen Euro vorgesehen. Damit sollen unter anderem die Eingliederung und Flüchtlingslager im Nahen Osten unterstützt werden. Barzen rechnet damit, dass die Erträge der Kirchensteuer um rund zwei Prozent steigen werden. Mittelfristig rechne man aber mit zurückgehenden Einnahmen, verursacht unter anderem durch sinkende Mitgliederzahlen. Die bayerische Landeskirche hat rund 2,5 Millionen Mitglieder in 1.540 Gemeinden.


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