Barmherzigkeit und Dialog

22. Oktober 2016 in Aktuelles


Franziskus: Die Notwendigkeit des Dialogs, der die Barmherzigkeit Gottes in der Welt sichtbar macht. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben. Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt. Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen“ (Joh 4,6-15).

Letzte Jubiläumsaudienz am Samstag. Das außerordentliche Heilige Jahr neigt sich seinem Ende zu. Papst Franziskus setzte sich vor Zehntausenden von Pilgern und Besuchern mit dem Thema „Dialog und Barmherzigkeit“ auseinander. Die Begegnung von Jesus mit der samaritischen Frau am Jakobsbrunnen stand so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Papstes.

Jesus habe gewusst, wie es im Herzen dieser Samariterin aussah. Gleichwohl habe er gewollt, dass sie sich öffne. So sei er allmählich in das Geheimnis ihres Lebens eingetreten. Dieses Gespräch sollten wir uns zum Vorbild nehmen, wie auch wir die Barmherzigkeit Gottes in der Welt sichtbar machen könnten.

Viele Male begegneten wir den Menschen nicht, obwohl wir neben ihnen seien. Dies geschehe vor allem, wenn wir danach trachteten, unsere Position überwiegen zu lassen. Es gebe keinen Dialog ohne Zuhören. Wir neigten dazu, den anderen zu unterbrechen, um zu zeigen dass wir Recht hätten

Der Dialog dagegen sei ein Zeichen des Respekts und der Nächstenliebe, weil sich hier der Eine für den Anderen interessiere und ihn als Geschenk Gottes sehe, ihn zu Rate ziehe und um Anerkennung bitte. Der Dialog helfe den Menschen, ihre Beziehungen humaner zu gestalten und die Verständnislosigkeit zu überwinden.

Die Kirche selbst suche im Dialog mit den Menschen aller Zeiten die Bedürfnisse, die sie im Herzen tragen, zu verstehen. Sie helfe, das Gemeingut zu verwirklichen, die Schöpfung zu bewahren, den Frieden aufzubauen.

Franziskus erinnerte an das große Geschenk der Schöpfung und an die Verantwortung, die alle für die Bewahrung des gemeinsamen Hauses trügen. Der Dialog über ein derart zentrales Thema „ist ein unvermeidliches Erfordernis“. Auch der Dialog unter den Religionen sei wichtig, „um die tiefe Wahrheit ihrer Sendung unter den Menschen zu entdecken und zum Aufbau des Friedens und eines Netzes des Respekts und der Brüderlichkeit beizutragen.

Der Dialog reiße die Mauern der Spaltungen und der Missverständnisse ein. Er schaffe Brücken der Kommunikation und erlaube es nicht, dass sich jemand isoliere, indem er sich in seine eigene kleine Welt verschließe: "Zuhören, miteinander sprechen, sich nicht anschreien".

Alle Formen des Dialogs brächten die Liebe Gottes zum Ausdruck. Er komme jedem Geschöpf entgegen, um ihm die Samen seiner Güte einzupflanzen, auf dass es an seinem Schöpfungswerk mitwirken könne. Durch den Dialog „können wir die Zeichen der Barmherzigkeit Gottes wachsen lassen und sie zu einem Werkzeug der Aufnahme und des Respekts machen“.


Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Ein herzliches Willkommen sage ich den Brüdern und Schwestern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Euer Aufenthalt in Rom biete euch eine gute Gelegenheit, um Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen und sie als Geschenk Gottes zu sehen, die unser Leben bereichern. Der Segen Gottes begleite euch auf euren Wegen.


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