'Tagesschau'-Chefredakteur: Kein Anspruch auf Unfehlbarkeit

17. Oktober 2016 in Deutschland


Gniffke berichtete u.a., warum die „Tagesschau“ die AfD nicht mehr als „rechtspopulistisch“ bezeichnet: Man müsse es lernen, die AfD als eine demokratisch legitimierte Partei zu behandeln.


Hamburg (kath.net/idea) Die „Tagesschau“ erhebt keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit – auch wenn ihr das immer wieder unterstellt wird. Das sagte der Erste Chefredakteur von ARD-aktuell, Kai Gniffke (Hamburg), beim 4. Evangelischen Medienkongress vom 12. bis 13. Oktober in Hamburg. Gniffke zufolge beansprucht die „Tagesschau“ auch keine Deutungshoheit über das politische Geschehen: „Wir schreiben den Leuten nicht vor, was sie zu glauben haben.“ Gniffke berichtete ferner, warum die „Tagesschau“ die AfD nicht mehr als „rechtspopulistisch“ bezeichnet. Viele Zuschauer hätten dies als belehrend empfunden. Die „Tagesschau“ habe sich den Begriff deshalb „abgewöhnt“. Man müsse es lernen, die AfD als eine demokratisch legitimierte Partei zu behandeln.

Journalist: Kritiker stellen berechtigte Fragen

Der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und SZ, Georg Mascolo (Hamburg), sagte, die Diskussion über Leistung und Fehler der Medien helfe, sich über die eigenen handwerklichen Regeln klarzuwerden. So müssten Medien ihre Bewertungskriterien offenlegen, zeigen, wie sie zu Rechercheergebnissen kommen, und ihre Fehler transparenter korrigieren. Viele Mediennutzer hätten den Eindruck, dass Journalisten die Mächtigen nicht kontrollieren, sondern mit ihnen paktieren, so Mascolo. Der Journalist und Medienkritiker Stefan Niggemeier (Berlin) erwartet von Medien, dass sie erklären, warum sie über ein Thema berichten und über andere nicht. Auch die Art des Zustandekommens von Nachrichten sei für Mediennutzer interessant. Das erhöhe die Glaubwürdigkeit.

epd-Chefredakteur: Wir müssen nicht die Schnellsten sein

Nach Ansicht des Chefredakteurs des Evangelischen Pressedienstes (epd), Thomas Schiller (Frankfurt am Main), müssen Nachrichtenagenturen ihre Rolle neu definieren. Sie sollten nicht jeden Hype mitmachen und müssten nicht unbedingt die Schnellsten sein. Als Beispiel nannte Schiller die Berichterstattung über eine mögliche Kandidatur Margot Käßmanns für das Amt des Bundespräsidenten. Man hätte bereits bei der ersten Meldung deutlich machen müssen, dass ihre Bewerbung unwahrscheinlich sei. Agenturen müssten eine „Marke der Verlässlichkeit“ sein, so Schiller. Der Bedarf an Nachrichten sei so groß wie nie zuvor.


© 2016 www.kath.net