Amoris laetitia und der Geist der Synode

17. Oktober 2016 in Kommentar


Von manchen wird ein Miteinander von Kirche und Welt behauptet, das gar nicht existiert. Denn Kirche ist in der Welt, nicht von der Welt. Darum hasst die Welt die Kirche, auch dann, wenn Kirche sich anbiedert. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Geseke (kath.net/pw) In allen Ecken der Weltkirche brodelt es in Sachen Kommunion für geschiedene und zivil erneut verheiratete Katholiken. Auf den Philippinen gilt eine liberale Regelung. Im Erzbistum Freiburg wird die Praxis wohl auch liberalisiert werden. Andere deutsche Diözesen werden folgen.

Gleiches auch in Österreich. Der Bischof der Diözese Feldkirch, Benno Elbs, der als Vertreter Österreichs an der Bischofssynode 2015 teilnahm, betont in einem Buch, Amoris Laetitia betone die Haltung Jesu nicht Regeln.

Sehr schnell wird klar, dass eine etwas blauäugige Sicht auf die Haltung Jesu vorliegt. So, als wäre die Haltung Jesu nicht deckungsgleich mit den von ihm aufgestellten Regeln. Hier wird, wie in unseren Tagen nur allzu modern, Barmherzigkeit gegen Gerechtigkeit ausgespielt.

Der barmherzige Jesus allerdings ist auch immer der gerechte Jesus. Das lässt sich als biblischer Befund sehr gut herausarbeiten. Man hüte sich allerdings vor Steinbruchexegese, um einen jesuanischen Rigorismus oder eine jesuanische Laxheit begründen zu wollen. Jesus am Jakobsbrunnen ist ein exzellentes Beispiel auf die innere Kongruenz des Erlösers. Die Frau, der er begegnet, begegnet er, wie wir heute so gerne sagen, auf Augenhöhe. Er macht sie nicht nieder für ihre Sünden, doch versucht auch nicht, Sünden wegzuwischen, zu übertünchen oder zu psychologisieren. Erst als die Frau sich gewissermaßen aufrichtet und zu ihrer Sündhaftigkeit stehen kann, erfolgen die Vergebung und die Mahnung, fortan nicht mehr zu sündigen.

Diese beispielhafte Schriftstelle zeigt, dass Jesus selber keinen Millimeter hinter sein Gebot, nicht die Ehe zu brechen, ja nicht einmal einen lüsternen Blick zu wagen, zurückweicht. Sie zeigt aber auch das Ausmaß der Barmherzigkeit, das gerade kein Urteil fällt, sondern zu neuem Leben ermutigt.

So scheint auch bei Bischof Elbs der Versuch durch, einem Zeitgeist zu folgen, der einen behaupteten kirchlichen Rigorismus gegen eine angenommene jesuanische Nachgiebigkeit ausspielt. Es ist ja wohl klar, wer da in unserer Zeit gewinnt.

In diesem Kontext fällt auch die Aussage, die Bischof Elbs in seinem Buch trifft. Er plädiert für ein konsequentes Weiterdenken dieses „Kurses der offenen Türen für Partnerschaft, Ehe, Familienpastoral und nicht zuletzt das Miteinander in Kirche und Welt“.

Es braucht ein wenig Erfahrung, das hier vorliegende Pastoralneusprech angemessen zu deuten. Da wird am Ende ein Miteinander von Kirche und Welt behauptet, das so gar nicht existiert.

Aus diesem inexistenten Miteinander von Kirche und Welt lässt sich natürlich sehr leicht ableiten, dass die Ehe einer jeglichen Form von Partnerschaft, aber auch allen Arten vermeintlich modernen Familien (Patchwork, Regenbogen u.v.a.m.) komplett gleichgestellt sein muss.

Der Irrtum liegt eben genau in dem angenommenen Miteinander von Kirche und Welt begründet. Die Kirche ist in der Welt, nicht von der Welt. Darum hasst die Welt die Kirche. Sie wird es auch dann tun, wenn die Kirche sich anbiedert. Die Kirche ist göttlich und die Welt steht seit dem Sündenfall allem Göttlichen feindlich gegenüber.

Der Welt ist, nicht erst seit Aufkommen der Genderideologie, die Ehe als Zeichen des Heils ein Dorn im Auge. Nichts wird von der Welt so sehr bekämpft wie die Ehe und die Familie. Die Familie, die auf der sakramentalen Ehe beruht, ist eine göttliche Stiftung innerhalb der Kirche und ist damit ein Gnadenort. Auch wenn man es im (Ehe-)Alltag wahrlich nicht immer merkt, man sollte es sich ab und an bewusstmachen.

Löst man den Satz nun so auf, dass man den Widerspruch am Ende wahrnimmt, dann bricht diese ganze gut gemeinte neopastorale Sicht unter eben jenem Widerspruch zusammen. Es bleibt nichts als eine wohlmeinende soziologische Sicht auf die Lebenswirklichkeit der Menschen unserer Tage. Das ist mehr als Nichts. Es ist aber weniger als die Kirche zu geben hat. Und dieses Mehr, was die Kirche zu geben hat, sollte man von einem Bischof erwarten dürfen.

Wann jemals hätte die Kirche in der praktischen Seelsorge mit der dogmatischen Keule agiert? Es wird oft genug in unseren Tage so getan, als sei das der Normalfall und nicht die unrühmliche Ausnahme gewesen. In jedem Falle, wo ein Mensch – auch wenn er in einer irregulären Situation lebt – mit seiner Seelennot zu einem Priester gekommen ist, wird dieser nach Kräften gesucht haben, um einen gangbaren Weg zu finden. Da hat so manch ein Priester um des Seelenheiles der ihm anvertrauten Menschen willen, auch mal sein eigenes Gewissen bis an die Grenze und darüber hinaus strapaziert, davon bin ich überzeugt. Da braucht es keine schwülstigen Hinweise auf Barmherzigkeit, da ist die Lebenspraxis eines Seelsorgers gefragt.

Mit Blick auf all die neuen liberalen Regelungen, die sich nach Amoris laetitia überall auf der Welt breitmachen, kann man allerdings auch nur zur Gelassenheit aufrufen. Wie groß ist das Problem denn wirklich? In Deutschland besuchen ca. 10% der Katholiken regelmäßig am Sonntag die Hl. Messe. Von diesen wird nur verschwindend geringe Minderheit in irregulären Verhältnissen leben. Da darf man das Vertrauen haben, dass sie ihren Weg mit ihrem Seelsorger finden werden oder gefunden haben.

Die große Welle, die durch die weltlichen Medien geht, ist reiner Populismus. Die liberalen Regelungen einzelner Bistümer sind allein diesem Populismus geschuldet. Sie nützen nichts, sie schaden nicht (mehr). Der Schaden ist ja schon angerichtet, da die Ehe und die Familie als Feindbild Nr. 1 im Fokus der weltlichen Politik unserer Tage steht.

Viel Arbeit für politisch aktive Katholiken! Umso mehr, als der Episkopat zunehmend vor dem öffentlichen Druck zu kollabieren scheint.





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