Respekt für den Zweifler! Aber Stopp dem Aberglauben!

20. Oktober 2016 in Kommentar


Was, wenn Mitbürger meinen, an Gott zu glauben sei irrational? Gleichzeitig jedoch richten sie sich nach Horoskopen. Ein idea-Kommentar von Pfarrer Steffen Reiche


Berlin (kath.net/idea) Ich habe Respekt für den Zweifler. Jeder hat das Recht, an Gott zu zweifeln. Jeder hat schon gezweifelt. Mancher so sehr, dass er auch verzweifelt war. Gott ist eben nicht beweisbar. Wäre er es, wäre er nicht Gott. Denn mit dem Beweis würden wir ja über Gott verfügen. Und genau das ist dem Menschen unmöglich.

Dann hätten Sie was versäumt …

Blaise Pascal (1623–1662), der große fromme französische Literat, Mathematiker, Physiker und Philosoph, hat – statt Gott beweisen zu wollen – lieber für unseren Gott gewettet (ich erzähle es mit meinen Worten nach): „Ich glaube, dass es Gott gibt, mit jeder Faser meines Herzens und jeder Windung meines Verstandes. Und wenn einer von uns das nicht glauben will, dann ist das sein gutes Recht, was ihm ja Gott eingeräumt hat. Jesus hat es ausdrücklich gesagt: Wir können uns für und gegen Gott entscheiden. Aber wenn Sie nicht an Gott glauben und dann nach dem Tod sehen, dass es Gott gibt, dann haben Sie doch etwas versäumt in Ihrem Leben, oder? Natürlich kann es auch sein, dass es Gott nicht gibt. Dann hatten die recht, die nicht an ihn glaubten. Aber ich will Ihnen eines sagen: Auch dann würde ich heute an Gott glauben, weil es mir guttut und mein viel zu kurzes Leben reicher und schöner macht, als ohne Gott zu leben.“

Gott nein, Horoskope ja

„Respekt für den Zweifler!“ wird von Leuten gefordert, die keine Christen sind. In Ordnung, jederzeit, allezeit! Aber wenn der, der eben noch meinte, an Gott zu glauben sei irrational, sich mit mir über mein Sternbild unterhalten will, dann ist es mit meinem Respekt vorbei. Ich fürchte, die Contenance zu verlieren bei so viel geistiger Inkontinenz. Denn an Gott zu zweifeln, das ist für mich nachvollziehbar. Aber dann an Horoskope zu glauben oder gar zu wissen, was als Aberglaube erwiesenermaßen Unfug ist, da verliere ich den Respekt!
Natürlich gibt es Sternzeichen, um am Himmel über uns etwas zu erkennen, an dem man sich orientieren kann. Wie sehr freue ich mich in einer sternenklaren Nacht, Sternbilder zu sehen. Aber welch hanebüchener Unsinn ist es, zu denken, dass Sterne etwas mit meiner Geburt, meinem Charakter, meinem Willen, meinen Gefühlen zu tun haben!

Gefährliche Scharlatanerie

Theologie und Astronomie sind Wissenschaften, die – von Voraussetzungen ausgehend – in einer klaren, für alle nachvollziehbaren Weise denken. Aber Aberglaube, wie beispielsweise die Astrologie, ist eine gefährliche Scharlatanerie, die Menschen ins Bockshorn jagt, ihnen ihre Vernunft und ihre Verantwortung raubt.

Natürlich hat der Mond Einfluss auf die Erde. Man sieht es an den Gezeiten des Meeres. Selbstverständlich hat er auch Einfluss auf die Stimmung, denn sensible Menschen spüren die Veränderungen des Magnetfeldes. Und das helle Licht in einer wolkenlosen Nacht macht natürlich etwas mit mir. Aber ich verliere die Fassung, wenn ich dem Zweifel oder gar dem Unglauben Respekt erwiesen habe und dann in den Aberglauben hineingezogen werden soll!

Das ist mir zu billig!

Sich der Anstrengung zu glauben nicht aussetzen zu wollen, das respektiere ich. Aber dann doch eine Rettungsboje nutzen zu wollen, indem man auf Astrologie hereinfällt? Nein, da bin ich nicht mehr dabei. Das ist mir zu billig. Das will ich den noch Bildungsfähigen unter den Verächtern der Religion sagen dürfen. Das fordere ich, dass sie es respektieren. Denn das wollen sie doch auch für sich, oder?


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