Polen: Parlament lehnt Totalverbot von Abtreibungen ab

7. Oktober 2016 in Familie


Gesetzentwurf sah bis zu fünf Jahre Haft für Schwangere vor, die abtreiben lassen


Warschau (kath.net/idea) Das polnische Parlament hat den umstrittenen Gesetzentwurf für ein Totalverbot von Abtreibungen am 6. Oktober abgelehnt. Er sah bis zu fünf Jahre Haft für Schwangere vor, die abtreiben lassen. Eine Ausnahme sollte nur gelten, wenn Gefahr für das Leben der Frau besteht. Der Gesetzentwurf stammte von der Bürgerbewegung „Stoppt Abtreibung“. Den Antrag hatten rund 450.000 unterschrieben. Im September hatte das Parlament ihn in erster Lesung mit großer Mehrheit an den zuständigen parlamentarischen Justizausschuss zur Beratung überwiesen. Danach kam es zu Massenprotesten. Der Ausschuss empfahl dem Parlament am 5. Oktober, den Entwurf abzulehnen. Nun stimmten 352 Abgeordnete nach der zweiten Lesung dafür, die Initiative zu verwerfen. 58 waren dagegen, 18 enthielten sich. Die mit absoluter Mehrheit regierende national-konservative Regierungspartei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte die Initiative vor den Protesten zunächst unterstützt. Aktuell sind Abtreibungen in drei Ausnahmefällen erlaubt: bei Gefahr für die Gesundheit der Schwangeren, nach Vergewaltigungen und bei schweren, unheilbaren Erkrankungen des ungeborenen Kindes. Katholische Bischöfe hatten sich zwar für ein Abtreibungsverbot ausgesprochen, aber Frauen, die abgetrieben haben, sollten dafür nicht bestraft werden.

Debatte um Abtreibung im Europaparlament

Am 5. Oktober hatte sich auch das Europaparlament in Straßburg mit dem polnischen Gesetzentwurf befasst. Der Abgeordnete Arne Gericke (Familien-Partei) sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur idea zu der Debatte, Linke, Liberale und Grüne hätten den „vollkommen legalen“ und vom Volk eingebrachten Gesetzentwurf heftig beschimpft. Das sei undemokratisch, da es sich um ein Thema handle, das die EU-Mitgliedsstaaten eigenständig und souverän zu entscheiden hätten. Darauf habe er in der Debatte hingewiesen und sich allgemein für den Lebensschutz ausgesprochen. Dafür sei er unter anderem von der Schwedin Cecilia Wikström (Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) „aufs Übelste diffamiert“ worden. Unterstützung für seine Position habe er beispielsweise vom Slowaken Branislav Skripek und dem Niederländer Peter van Dalen (beide Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer) sowie der Kroatin Marijana Petir und der Tschechin Michaela Sojdrova (beide Fraktion der Europäischen Volkspartei) bekommen. Gericke – er gehört zur Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer – hält die Ablehnung des Gesetzentwurfs für richtig, denn er habe juristische Schwächen gehabt. Nun habe die polnische Regierung die Chance, einen eigenen und besseren Vorschlag einzubringen.

SPD-Abgeordnete: Körper der Frau ist kein Kampfplatz für Ideologien

Die Europaabgeordnete Maria Noichl (SPD/Rosenheim) forderte in einer Pressemitteilung, dass der Körper der Frau „kein Kampfplatz für Ideologien“ sein dürfe. Er gehöre nur ihr. Das Gesetz wäre laut Noichl auch für minderjährige Mädchen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden, fatal gewesen. Sie hätten die Schwangerschaft nicht „unterbrechen“ dürfen: „Wer in diesem Zusammenhang vom Schutz der Würde des Menschen spricht, vom Schutz des Lebens, der verhöhnt alle Frauen dieser Welt.“


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