Bischof für Kaukasus: Orthodoxe Jugend ist papstfreundlich

5. Oktober 2016 in Aktuelles


Katholischer Tifliser Bischof Pasotto bedauert nach Papstbesuch allerdings, dass in Orthodoxie Phänomen der Wiedertaufen zunimmt, weil katholische Taufen nicht anerkannt werden


Tiflis (kath.net/KAP) Der katholische Apostolische Administrator für den Kaukasus, Bischof Giuseppe Pasotto, hat den Papstbesuch in Georgien als wichtigen Schritt in der Ökumene bezeichnet. Die Jugend des mehrheitlich orthodoxen Landes stehe positiv zum Papst, sagte der Bischof gegenüber der "Catholic News Agency" (CNA). Trotz der Spannungen zwischen Katholiken und orthodoxen Christen in den letzten Jahren zeichneten sich Fortschritte ab.

Pasotto habe das orthodoxe Oberhaupt, Patriarch Ilia, nachdem der Papst wieder gegangen war, über seine Gefühle zum Papstbesuch gefragt. Dessen Antwort: "Ich bin sehr glücklich, dass der Papst hierher kam. Ich habe einen guten Mann getroffen." Danach sei er mit Franziskus im Auto gesessen, erzählte Pasotto: "Und dabei sagte mir der Papst: 'Wissen Sie, dass dieser Patriarch wirklich ein guter Mann ist?' Das hat mich getroffen: Beide benutzten genau dieselben Worte - ohne Kenntnis von dem, was der andere sagte."

Allerdings stehe die orthodoxe Kirche Georgiens "vor einigen schwierigen Situationen, und eine weitere theologische Diskussion ist notwendig", betonte der Bischof: "Beispielsweise nimmt das Phänomen der Wiedertaufen immer stärker zu. Orthodoxe Christen im Land taufen zum zweiten Mal Katholiken, die orthodoxe Christen heiraten, da sie die katholischen Taufen nicht anerkennen."

Ökumenekrise nach Fall des Kommunismus

De facto bedeute dies, dass Katholiken nicht als echte Christen anerkannt würden. "Der Dialog ist somit nicht leicht. Dabei war dies in der Vergangenheit nicht so schlimm. Patriarch Ilia war sogar der erste georgisch-orthodoxe Patriarch, der in Rom den Papst besuchte, nämlich im Jahr 1980. Danach verschlechterte sich die Lage", bedauerte der Bischof. "Nach dem Fall des Kommunismus verbreiteten einige Priester, die aber aus der russisch-orthodoxen Kirche gekommen waren, Vorurteile gegen die Ökumene. Danach waren keine ökumenischen Beziehungen mehr zugelassen."

"Diese neue 'Philosophie' des Ökumene-Schlussstrichziehens war eigentlich völlig konträr zur georgischen Tradition, die eigentlich gegenüber jeder Konfession tolerant ist. Aber dieser neue Gedanke verbreitete sich, und es gab Druck von einigen Klöstern. Sie drohten mit der Abspaltung und dass die Einheit der georgischen orthodoxen Kirche in Gefahr sei", sagte Bischof Pasotto: "So musste Patriarch Ilia einen Schritt zurück machen, um die Einheit der Kirche zu bewahren."

Der Papst habe aber beim Besuch der orthodoxen Kathedrale viele Menschen getroffen. "Es war alles voll von Menschen, und jeder hatte eine besondere Geschichte über den Papst zu erzählen, wie sie ihn trafen und dass sie ihn sahen", erzählte Pasotto: "Unsere Herausforderung besteht nun darin, diese Begeisterung aufzunehmen, damit sie nicht vergeblich war."

Tragisches Schicksal

Patriarch Ilia II. hatte beim Papstbesuch in Georgien Franziskus begrüßt und "gastfreundlich" aufgenommen, aber nicht mit ihm gemeinsam gebetet. Die Gebetsverweigerung verweist insofern auch auf eine persönliche Tragik des Kirchenoberhaupts, als dieser ja von 1978 bis 1983 Co-Präsident des Genfer Ökumenischen Rats der Kirchen (Weltkirchenrat/ÖRK) gewesen war.

Wie in anderen postkommunistischen Ländern, vor allem Bulgarien, wurde Ilia II. nach der Wende von 1990 aber Sowjethörigkeit - und darunter eben auch "Ökumenismus" - vorgeworfen. Eine Kirchenspaltung drohte ebenso wie in Sofia auch in Tiflis. Der Patriarch musste jetzt die Ökumene opfern, um sich selbst zu behaupten. 1997 trat er aus dem ÖRK aus.

Heuer boykottierte Ilia gemeinsam mit den Russen das Orthodoxe Konzil von Kreta. Vor weniger als einem Monat, beim orthodox-katholischen Dialog in Chieti, deponierten die Georgier wiederum Einsprüche gegen den Vorrang des Papstes und verweigerten die Unterschrift. Jetzt wurde das Gebet mit Franziskus verweigert. Beobachter sprachen von einem "Preis für die Zähmung seiner innerkirchlichen Opponenten", den Ilia eben zahlen musste.

Dennoch könne Ilia II. weder persönliche Frömmigkeit noch pastoraler Einsatz abgesprochen werden. Davon zeugten die von ihm übernommenen Patenschaften für kinderreiche Familien und die Schaffung klösterlicher Haftanstalten als Alternative zu den Staatsgefängnissen, die in Georgien wie auch sonst im einstigen Ostblock erst recht "Hochschulen des Verbrechens" sind.

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