Der Krieg in Syrien – Ausdruck des ‚mysterium iniquitatis’

29. September 2016 in Aktuelles


Franziskus: die Antwort auf das Drama des Bösen findet sich im Geheimnis Christi. Im Antlitz der leidenden Menschen erkennt die Kirche das Antlitz ihres Herrn während der Passion. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am heutigen Vormittag empfing Papst Franziskus in der Sala Clementina die Mitglieder der katholischen Caritas-Organisationen, im Kontext der humanitären Krise in Syrien, im Irak und in den angrenzenden Gebieten tätig sind. Der Päpstliche Rat „Cor Unum“, dem der Papst für sein Wirken dankte, hatte das fünfte Treffen der Organisationen organisiert.

In seiner Ansprache stellte Franziskus fest, dass trotz aller Anstrengungen ein Jahr nach der letzten Begegnung die Logik der Waffen, die finsteren und obskuren Interessen und die Gewalt jene Länder weiterhin verwüsteten. Noch sei es nicht gelungen, den Leiden der Menschen und den kontinuierlichen Verletzungen der Menschenrechte ein Ende zu setzen. Die dramatischen Folgen der Krise offenbarten sich auch im schwerwiegenden Phänomen der Migrationen.

„Die Gewalt erzeugt Gewalt“, so der Papst. Man habe den Eindruck, in einer Spirale der Anmaßung und der Trägheit gefangen zu sein. Dieses Übel, das das Gewissen und den Willen festhalte, müsse zu gewissen Fragen führen: „Warum fährt der Mensch auch zum Preis unberechenbarer Schäden an den Menschen, am Erbe und an der Umwelt mit Machtmissbrauch, Rachefeldzügen und Gewalttaten fort?“.

Franziskus erinnerte an den jüngsten Angriff auf einen humanitären Konvoi der UNO: „Das ist die Erfahrung des ‚mysterium iniquitatis’, die Erfahrung jenes Übels, das im Menschen und in der Geschichte gegenwärtig ist und der Erlösung bedarf. Zerstören um des Zerstörens willen“. Deshalb „heften wir in diesem Heiligen Jahr, unseren Blick fest auf Christus, die menschgewordene Barmherzigkeit, der die Sünde und den Tod besiegt hat“. Der Papst erinnerte an die Worte des heiligem Johannes Pauls II.: „Die dem Bösen gesetzte Grenze, dessen Urheber und Opfer der Mensch ist, ist in einem endgültigen Sinn die Göttliche Barmherzigkeit“. Die göttliche Barmherzigkeit, so Franziskus, „ist die einzige Grenze. Ja, die Antwort auf das Drama des Bösen findet sich im Geheimnis Christi“.

Im Antlitz der vielen leidenden Menschen in Syrien, im Irak und in den Nachbarländern „erkennt die Kirche das Antlitz ihres Herrn während der Passion“. So sei die Tätigkeit der karitativen Organisationen ein Abglanz der göttlichen Barmherzigkeit „und als solcher ein Zeichen dafür, dass das Böse eine Grenze hat, und dass es nicht das letzte Wort hat“. Es sei dies ein Zeichen großer Hoffnung. Der Papst dankte den karitativ Tätigen sowie allen, die in Stille für die Opfer der Konflikte beteten, „besonders für die Kinder und die Schwächsten. In Aleppo müssen die Kinder verschmutztes Wasser trinken!“

Jenseits aller Hilfeleistungen ersehnten die Betroffenen vor allem den Frieden: „Ich werde es nicht müde, die internationale Gemeinschaft um größere und erneuerte Anstrengungen zu bitten, um zum Frieden im ganzen Nahen Osten zu gelangen. Ich werde es nicht müde zu bitten, nicht den Blick abzuwenden“.

Dem Konflikt ein Ende zu setzen liege auch in der Hand des Menschen. Jeder könne und müsse zum Friedensstifter werden, „denn jede Situation der Gewalt und Ungerechtigkeit ist eine Wunde am Leib der ganzen Menschheitsfamilie“. Täglich bete Franziskus zu Gott, den Geist und die Herzen aller politischen Verantwortungsträger zu inspirieren, „damit sie es verstehen, auf Teilinteressen zu verzichten, um das größte Gut zu erreichen: den Frieden“.

Abschließend gedachte der Papst der christlichen Gemeinden des Nahen Ostens. Inmitten all dieser Finsternis „halten diese Kirchen die Lampe des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe hoch“. Die Christen im Nahen Osten „sind konkretes Zeichen der Barmherzigkeit Gottes. Ihnen gilt die Bewunderung, der Dank und die Unterstützung der universalen Kirche“.


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