Bischof Lahham: Mord an Christ war nicht religiös motiviert

29. September 2016 in Weltkirche


Ermordeter Autor Hattar hatte auf seiner Facebook-Seite eine Karikatur veröffentlicht, die sich über die Terrormiliz "Islamischer Staat" lustig machte


Vatikanstadt-Amman (kath.net/KAP) Die Ermordung des jordanischen islamkritischen Autors Nahed Hattar (56), der ein getaufter Christ - wenn auch nichtpraktizierend - war, hatte nach Ansicht des katholischen Erzbischofs Maroun Lahham keine religiösen Motive. Auslöser seien "politische und ideologische Faktoren", sagte Lahham dem vatikanischen Pressedienst Fides (Montag). Der Erzbischof ist der für Jordanien zuständige Patriarchalvikar des Lateinischen Patriarchats Jerusalem. Das Vikariat betonte, politische und ideologische Differenzen sollten "nie zu Tod und Blutvergießen" führen. Vielmehr müssten sie mit "Instrumenten des Dialogs und der Konfrontation" gelöst werden.

Hattar war am Sonntag in der jordanischen Hauptstadt Amman von einem Mann, der in ein saudisches Männergewand (Dischdascha) gekleidet war, aus wenigen Metern Entfernung erschossen worden. Nahed Hattar hatte keinen Personenschutz, obwohl die Todesdrohungen gegen ihn bekannt waren. Die Tat ereignete sich laut arabischen Medienberichten vor einem Gerichtsgebäude. Demnach sollte sich der 56-jährige Christ dort wegen Beleidigung des Islam verantworten.

Hattar hatte auf seiner Facebook-Seite eine Karikatur veröffentlicht, die sich über die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) lustig machte. Zu sehen ist ein IS-Kämpfer, der mit zwei Frauen im Bett liegt und Gott bittet, ihm einen Drink zu bringen. Der mit weißem Bart und goldener Krone gezeichnete Gott öffnet von außen den Vorhang und schaut in das Schlafzimmer.

Überschrieben ist die Karikatur mit "fil jann", auf Deutsch: "im Paradies". Angesprochen und beleidigt hätten sich laut der Website "Telepolis" auch Vertreter der jordanischen islamischen Geistlichkeit gefühlt, und auch die Regierung in Amman habe sich auf ihre Seite geschlagen. Ein Familienmitglied des Ermordeten habe die Regierung für die Folgen verantwortlich gemacht.

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