Wenn Kardinal Woelki Flucht und Asyl durcheinander wirft

13. September 2016 in Kommentar


Es ist unverschämt, der einzigen wirklich konservativen Kraft in unserem politischen Spektrum die Verfassungstreue abzusprechen - kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller zum Angriff von Kardinal Woelki auf die CSU


Köln (kath.net/pw) Im Falle von Flüchtlingen, seien eine Kriegs-, Bürgerkriegs- oder auch (Umwelt-)Katastrophenflüchtlingen ist es nicht nur sinnvoll, sondern sogar unbedingt notwendig die Aufnahmezahlen des eigenen Landes zu kontingentieren. Hier muss jedes Land festlegen, in welcher Zahl Menschen aus einer Kriegs- oder Katastrophenregion wie schnell aufgenommen werden können. Ja mehr noch, es ist die moralische Pflicht einer Regierung, die Bevölkerung eines Landes vor Überlastung zu schützen. Hier greifen Moral und Vernunft Hand in Hand. Wer von seinem Volk behauptet, es schaffe etwas, muss auch quantifizieren was zu schaffen ist. Alles andere ist ein Hasardspiel mit der Leistungsfähigkeit der Menschen im Land.

Was sich im Falle von politischem Asyl geradezu verbietet, gebietet also die Vernunft bei Flucht und Vertreibung im Falle von Krieg und Katastrophen. Das ist zudem auch geltendes Völkerrecht und wird allgemein anerkannt. In einem solchen Kontext ist es wenig hilfreich, wenn der Erzbischof von Köln ein wenig blauäugig der CSU mangelnde Verfassungstreue vorwirft, dabei aber selber die Begriffe Flucht und Asyl munter durcheinanderwirft. Man mag ihm zu Gute halten, dass er als Bischof und Hirte das Wohl aller Menschen im Blick hat. Da ist er auf der richtigen Seite, denn der Heilswille Gottes ist ebenso universell, wie es die Heilsmittlerschaft der Kirche sein sollte.

Umso verwunderlicher ist es allerdings, wenn die Hauptleidtragenden des kriegerischen Konflikts in Syrien, die Christen, nicht die größte Aufmerksamkeit durch christliche Politiker und christliche Bischöfe genießen sollten.

Das richtet sich nicht gegen Menschen anderer Religionen, die bedroht und verfolgt sind oder vor Krieg, Terror oder Katastrophen flüchten müssen. Man muss in dieser Situation auch die Solidarität anderer Völker und anderer Weltreligionen einfordern dürfen. Es kann nicht sein, dass ein Land oder ein Kontinent die gesamte Last der weltweiten Migrationsbewegungen trägt.

Wünschenswert wäre hier ein Wort der Bischöfe in unserem Land, das die Menschen in allen Ländern ermutigt, im Sinne des Evangeliums zu handeln. Zu sehr drückt doch hier die Moralkeule auf eine einzige Gesellschaft, die erkennbar an der Grenze dessen angekommen ist, was sie zu tragen bereit ist.

Es ist zu einfach und zu banal, den Menschen dann pauschal Fremdenfeindlichkeit vorzuwerfen. Nahezu unverschämt ist es, der einzigen wirklich konservativen Kraft in unserem politischen Spektrum die Verfassungstreue abzusprechen. Für einen Bischof, dessen Metier doch eher die Evangeliumstreue sein sollte, ist das schon dreist.

Dreistigkeit ist ohnehin die Untugend unserer Tage. Statt die Ängste der Menschen ernst zu nehmen, werden so en passent schon mal die Wähler der AfD fast exkommuniziert. Warum eigentlich nicht die Wähler der Partei, die in Rechtsnachfolge der SED immer noch das DDR- Unrecht – auch – gegen die Kirche nicht anerkennt? Warum werden nach dem entsetzlichen Missbrauchsskandal in der Kirche nicht die Wähler gemaßregelt, die einer Partei ihre Stimme geben, in der Pädosex noch heute nur lauwarm abgelehnt wird? Da stellen sich Fragen, ob denn hier nur populistisch abgewatscht wird oder ob es nicht doch besser wäre, mit fides et ratio einen Blick auf die Gesamtsituation zu werfen. Es ist und bleibt unangenehm, wer konsequent nach der Wahrheit sucht. Man kommt dann nicht so leicht im Medienmainstream unter. Als Stachel im Fleisch des Zeitgeistes ist tut man sich schwerer, von diesem gelobt zu werden. Doch warum sollte ein katholischer Bischof das Lob dieser Welt suchen?

Es ist nicht das Problem, eine falsche Haltung zu kritisieren, wenn es angezeigt erscheint. Geschieht dies jedoch einseitig, immer wieder einseitig und unter Vernachlässigung anderer ganz sicher nicht weniger großer moralischer Probleme in unserer Gesellschaft, dann ist zumindest die Nachfrage erlaubt, warum dem so ist.

Wir haben in unserer Gesellschaft zahlreiche Baustellen, die zu bearbeiteten wären. Das können Bischöfe nicht tun. Doch die Gläubigen geistlich zu führen, die Zeichen der Zeit wahrhaftig zu erkennen, ist eine Aufgabe, die es geradezu verbietet einem politisch korrekten Zeitgeist hinterher zu laufen.

Weiterführender Link: Kardinal Woelki attackiert jetzt auch die CSU

Foto Peter Winnemöller


Foto oben (c) kath.net/Michael Hesemann


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