Ungarns Premier Orban mit katholischen Parlamentariern beim Papst

29. August 2016 in Weltkirche


Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist am Sonntagnachmittag mit katholischen Parlamentariern aus mehreren Ländern von Papst Franziskus in Santa Marta empfangen worden.


Rom (kath.net/KAP) Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist am Sonntagnachmittag mit katholischen Parlamentariern aus mehreren Ländern von Papst Franziskus in Santa Marta empfangen worden. An der Privataudienz nahm auch Kardinal Christoph Schönborn teil, auf dessen Initiative das jährliche Treffen der Parlamentarier im Bildungshaus der Salesianer in Frascati zurückgeht. Wie die Zeitung "La Stampa" am Montag berichtet, seien bei dem Treffen mit dem Papst keine kontroversen politischen Themen diskutiert worden.

Viktor Orban ist selbst Protestant, aber seine Regierung hat die katholische KDNP als Koalitionspartner. Deren "graue Eminenz", Vizeministerpräsident Peter Harrach, hatte in der Vorwoche in einem Interview mit dem Budapester Nachrichtenportal "Gondola" betont, dass auch Ungarns Christdemokraten die restriktive Flüchtlingspolitik Orbans voll mittragen. Die ungarische Politik sei deshalb "natürlich nicht sehr glücklich" über die Linie des Papstes in der Flüchtlingsfrage, so Harrach. Im Blick auf das von Orban angesetzte "Flüchtlings-Referendum" am 2. Oktober unterstütze er, Harrach, das von Orban empfohlene Nein zum EU-Quotenplan.

Viktor Orban hatte vor seiner Abreise nach Italien in der Vorwoche seine Absicht verkündet, ein zweites "Anti-Migrations"-Bollwerk an der Grenze zu Serbien zu bauen. Es soll Migranten vor jedem Versuch abhalten, ungarisches Territorium zu betreten. Bereits errichtet ist ein Drahtzaun entlang der 175 km langen Grenze mit Serbien. Die neue Grenzsperre werde "mit moderner Ausrüstung errichtet", sagte Orban in einem Radiointerview. Die Grenze werde "nicht mit Blumen und Spielzeug verteidigt werden, sondern mit Polizei, Soldaten und Waffen". Es gelte eine Blockade zu errichten, damit nicht "Hunderttausende" Menschen versuchten, das Land zu betreten.

Parolin betonte Gastfreundschaft

In dem "La Stampa"-Bericht über das Treffen von Orban mit dem Papst wird auch an die Aussage von Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin in einem "Avvenire"-Interview erinnert. Wörtlich hatte Parolin Mitte August erklärt: "Der Geist der Gastfreundschaft ist ein wesentlicher Bestandteil der christlichen Identität und eine konkreten Anwendung eines Werkes der Barmherzigkeit, wie sie Jesus im Evangelium aufzählt. Klarerweise ist es legitim, dass ein Land rechtliche und gesetzliche Maßnahmen ergreift, um seine kulturelle Identität zu schützen, die im Christentum verwurzelt ist. Aber auch diese Maßnahmen müssen jeder Person gegenüber im Geist der Liebe und der Barmherzigkeit erfolgen, was bei denen beginnen muss, die am meisten in Not sind, und ohne dabei Unterscheidungen zu treffen."

Kardinal Schönborn hatte am Parlamentariertreffen in Frascati teilgenommen und war am Samstag auch nach Castel Gandolfo gefahren, wo der Joseph-Ratzinger-Schülerkreis tagte. Das Netzwerk der katholischen Parlamentarier (International Catholic Legislators Network/ICLN) behandelte im Rahmen seiner vorwöchigen Beratungen in Frascati u.a. die Flüchtlingsfrage und die Christenverfolgung in Nahost. Das ICLN wurde 2010 gemeinsam von Kardinal Schönborn und dem britischen Oberhausmitglied Lord David Alton gegründet worden.

Copyright 2016 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten


© 2016 www.kath.net