Das Merkmal der wahren menschlichen und christlichen Kultur

29. Juli 2016 in Aktuelles


Franziskus besucht ein Kinderkrankenhaus: Leider ist unsere Gesellschaft verseucht von der ‚Wegwerfkultur’, die das Gegenteil von der Kultur der Aufnahme ist. Die Opfer sind gerade die Schwächsten und Gebrechlichsten


Rom-Krakau (kath.net) Am Nachmittag des des dritten Tages seiner apostolischen Reise nach Krakau zum 31. Weltjugendtag besuchte Papst Franziskus das Universitäts-Kinderkrankenhaus (UCH) in Prokocim/Krakau. Bei seiner Ankunft wurde Franziskus von der polnischen Ministerpräsidentin Beata Maria Szydło sowie vom Direktor der Einrichtung empfangen.

Im Atrium des Krankenhauses warteten rund 50 kleine Patienten zusammen mit ihren Eltern auf den Papst, an die Franziskus eine kurze Ansprache richtete. Der Papst verwies auf Jesus Chrisus, wie dieser immer wieder Kranken begegne und diese auch gern besuchen gehe:

„Wie sehr würde ich mir wünschen, dass wir als Christen fähig wären, so wie Jesus bei den Kranken zu sein, im Schweigen, mit einer Liebkosung, mit dem Gebet. Leider ist unsere Gesellschaft verseucht von der ‚Wegwerfkultur’, die das Gegenteil von der Kultur der Aufnahme ist. Und die Opfer der Wegwerfkultur sind gerade die Schwächsten und Gebrechlichsten; und das ist grausam. Dagegen ist es schön zu sehen, dass in diesem Krankenhaus die Kleinsten und Bedürftigsten aufgenommen und gepflegt werden. Danke für dieses Zeichen der Liebe, das Sie uns bieten! Das ist das Merkmal der wahren Kultur, der menschlichen und der christlichen: in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen und politischen Aufmerksamkeit die am meisten Benachteiligten zu stellen“.


kath.net veröffentlicht die Ansprache von Papst Franziskus bei seinem Besuch im Universitäts-Kinderkrankenhaus (UCH) in Prokocim/Krakau:

Liebe Brüder und Schwestern,

unmöglich konnte bei diesem meinem Besuch in Krakau eine Begegnung mit den kleinen Patienten dieses Krankenhauses ausbleiben. Ich begrüße Sie alle und danke der Ministerpräsidentin von Herzen für ihre freundlichen Worte, die sie an mich gerichtet hat. Gerne würde ich bei jedem kranken Kind ein wenig an seinem Bett verweilen, sie alle einzeln umarmen, auch nur für einen Augenblick jedes von ihnen anhören und gemeinsam schweigen vor den Fragen, für die es keine unmittelbare Antwort gibt. Und beten.

Das Evangelium zeigt uns immer wieder, wie Jesus, unser Herr, Kranken begegnet, sie annimmt und sie auch gerne besuchen geht. Stets bemerkt er sie, schaut sie an – wie eine Mutter ihr Kind anschaut, dem es nicht gut geht – und spürt, wie sich in seinem Innern das Mitleid regt.

Wie sehr würde ich mir wünschen, dass wir als Christen fähig wären, so wie Jesus bei den Kranken zu sein, im Schweigen, mit einer Liebkosung, mit dem Gebet. Leider ist unsere Gesellschaft verseucht von der „Wegwerfkultur“, die das Gegenteil von der Kultur der Aufnahme ist. Und die Opfer der Wegwerfkultur sind gerade die Schwächsten und Gebrechlichsten; und das ist grausam.

Dagegen ist es schön zu sehen, dass in diesem Krankenhaus die Kleinsten und Bedürftigsten aufgenommen und gepflegt werden. Danke für dieses Zeichen der Liebe, das Sie uns bieten! Das ist das Merkmal der wahren Kultur, der menschlichen und der christlichen: in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen und politischen Aufmerksamkeit die am meisten Benachteiligten zu stellen.

Manchmal sind die Familien allein mit der Aufgabe, sich ihrer anzunehmen. Was tun? Von diesem Ort aus, an dem man die konkrete Liebe sieht, möchte ich sagen: Lassen Sie uns die Werke der Kultur der Aufnahme vervielfachen – Werke, die von der christlichen Liebe, der Liebe zum gekreuzigten Jesus, zum Leib Christi beseelt sind! Den Hilfsbedürftigen liebevoll und zärtlich zu dienen, lässt uns alle an Menschlichkeit wachsen, und es öffnet uns den Übergang zum ewigen Leben: Wer Werke der Barmherzigkeit vollbringt, hat keine Angst vor dem Tod.

Ich ermutige alle, die die Aufforderung des Evangeliums, die Kranken zu besuchen, zur persönlichen Lebensentscheidung gemacht haben: Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, alle im Gesundheitsdienst Tätigen sowie die Krankenhausseelsorger und die Freiwilligen. Der Herr helfe Ihnen, Ihre Arbeit gut zu verrichten – in diesem wie in jedem anderen Krankenhaus der Welt. (...) Und er belohne Sie, indem er Ihnen inneren Frieden schenkt und ein Herz, das immer zu zärtlicher Liebe fähig ist.

Danke allen für diese Begegnung! Ich nehme Sie mit, in der Zuneigung und im Gebet. Und auch Sie, bitte, vergessen Sie nicht, für mich zu beten!


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