Würde sich ein Bischof im Zug zwischen Islamisten setzen?

26. Juli 2016 in Kommentar


Kirchenvertreter mahnen: Habt keine Angst! - Kommentar in der „Welt“: Aber „würde sich der Würzburger Bischof in ein Zugabteil setzen, in dem junge Männer mit Bärten und islamischen Kopfbedeckungen lächelnd auf den freien Platz weisen?“


Berlin/München (kath.net/idea) Nach den jüngsten Terroranschlägen in Deutschland und Frankreich sowie dem Amoklauf in München rufen Kirchenvertreter auf, sich nicht von der Angst bestimmen zu lassen. Ein Kommentar in der „Welt am Sonntag“ kommt dagegen zu dem Ergebnis: Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) hat ihr Ziel längst erreicht. Die Furcht sei allgegenwärtig. „Egal, was wir uns einreden“, die Terroristen hätten es bereits geschafft. Davon zeuge die nächtliche Panik am 22. Juli in der Münchner Innenstadt – weit weg vom eigentlichen Tatort des Amoklaufs, schreibt der Journalist Dirk Schümer. „Solange die Gefahr durch fanatisierte Attentäter real ist, solange die Propaganda des wahllosen Tötens in jedes mitteleuropäische Kinderzimmer strahlt, hat der IS gewonnen.“

In Frankreich lägen die Nerven bereits blank. Eine Regierung, die trotz aller Maßnahmen am Rande des Rechtsstaats die Massenmorde nicht verhindern könne, verliere Zuspruch.

Auch in Deutschland reiche es nicht mehr, dass Kirchenvertreter wie der (katholische) Würzburger Bischof (Friedhelm Hofmann/d. Red.) jeden „Generalverdacht“ gegen Flüchtlinge verdammten und noch mehr Zuwendung für sie forderten.

Schümer fragt: „Würde sich der Würzburger Bischof in ein Zugabteil setzen, in dem junge Männer mit Bärten und islamischen Kopfbedeckungen lächelnd auf den freien Platz weisen?“ Wer kenne nicht die Situation in Großstädten: „Der Mann im langen Islamistengewand schaut in der S-Bahn lächelnd in sein Smartphone. Worüber freut er sich? Botschaften seiner Freundin? Oder die neuesten Hinrichtungsvideos aus Rakka?“

„Teures Willkommen“ verhinderte Terror nicht

Angesichts der Willkommenskultur in Deutschland äußert der Autor: „Wie viel teures Willkommen ist dem Beilschwinger von Würzburg zuteil geworden! Dennoch hatte er keinen sehnlicheren Wunsch, als so viele „ungläubige“ Menschen wie möglich zu töten.“

Zum Hintergrund: Der 17-jährige Attentäter, der nach eigenen Angaben aus Afghanistan stammte und sich in einem Video zum IS bekannte, war zunächst in einer katholischen Einrichtung untergebracht und dann bei Pflegeeltern. Er verletzte fünf Menschen in einem Regionalzug schwer. Als er auf der Flucht mit seinen Waffen auf Polizisten losging, wurde er erschossen.

Wie Schümer weiter schreibt, hilft das Wissen nicht weiter, dass Millionen Muslime friedliche Mitbürger sind, „wenn wir uns vor dem einen mörderischen Muslim in Acht nehmen müssen, der in sein persönliches Paradies über die Leichen möglichst vieler ‚Ungläubiger‘ eingehen will“.

Der Aufruf zu mehr Toleranz sei gut gemeint, aber solche Reaktionen glichen dem Pfeifen im Walde. Nicht einmal Margot Käßmann – EKD-Botschafterin für das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 – glaube „allen Ernstes, dass man dem Terror mit Gebeten entgegentreten kann“. Das Martyrium, das bei Islamisten so beliebt sei, „soll schließlich unsere Parole nicht sein“.

Käßmann zum Amoklauf: Ruhe bewahren!

Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Käßmann äußerte sich in „Bild am Sonntag“ zum Amoklauf in München, bei dem ein 18-jähriger Deutsch-Iraner neun Menschen tötete und sich anschließend selbst erschoss: „Ruhe bewahren, das ist jetzt wichtig. Lassen Sie die eigene Angst nicht übermächtig werden, und machen Sie Ihren Kindern keine Angst!“

In Deutschland lebe man „verglichen mit dem Rest der Welt in einem sehr sicheren und friedlichen Land, auch wenn es in der Tat keine absolute Sicherheit gibt“. Wer jetzt Dauerpanik verbreite, spiele Übeltätern in die Hand. Käßmann: „Solidarität und eine Portion Gottvertrauen tun gut in solchen Zeiten.“ Ihr Beitrag endet mit der biblischen Aussage „Fürchte dich nicht, liebes Land, sondern sei fröhlich und getrost“ (Joel 2,21).

Bedford-Strohm: Wer Angst verbreiten will, wird nicht siegen

Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), sagte am 24. Juli in einem aus Stuttgart übertragenen ZDF-Fernsehgottesdienst: „Die, die Angst verbreiten wollen, werden nicht den Sieg davon tragen. Wir werden ihnen diesen Triumph nicht gönnen.“ Angesichts des Amoklaufs würdigte er die Hilfsbereitschaft vieler Menschen, die in München spontan ihre Häuser für verunsicherte Bürger geöffnet hatten: „Nicht Angst, sondern diese Zeichen der Hoffnung und Zuwendung sollen unser Herz füllen.“

In dem Gottesdienst unter dem Motto „Macht Musik“ sagte Bedford-Strohm vor dem Hintergrund der jüngsten Gewalttaten: „Wir werden weitersingen, vielleicht noch trotziger als vorher.“ So würden Christen „Vorboten einer neuen Welt, in der alle Menschen in Würde leben können“.

Link zum "Welt"-Kommentar in voller Länge: Angst essen Seele auf

Symbolbild Bischof



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