Aleppo: "Gemäßigte" Rebellen köpften Elfjährigen

25. Juli 2016 in Aktuelles


Verantwortliche "Nur-ad-din Zanki"-Miliz rechtfertigt sich mit "nicht repräsentativer Verletzung ihrer Grundregeln" - Situation in nordsyrischer Großstadt wird immer dramatischer


Damaskus (kath.net/KAP) Die Situation in Aleppo wird immer dramatischer. Die jüngste Schreckensnachricht aus der nordsyrischen Großstadt handelt von einem Verbrechen der vom Westen als "gemäßigt" eingestuften Islamistenbewegung "Nur-ad-din Zanki". Wie die katholische Nachrichtenagentur "AsiaNews" berichtet, ist auf einem Video zu sehen, wie die Islamisten den elfjährigen Abdallah Issa köpfen, weil er mit den Regierungstruppen "zusammengearbeitet" habe. Der Bub lebte im palästinensischen Flüchtlingslager Handrat nördlich von Aleppo.

Das in den Social Media kursierende Video löste in Syrien ungeheures Aufsehen aus, weil "Nur-ad-din Zanki" (benannt nach dem gleichnamigen Herrscher von Aleppo und Mosul, 1118 -1174) der "Free Syrian Army" (FSA) angehört und bei den Syrien-Verhandlungen am Tisch sitzt. Deren Bosse versuchten sich zu rechtfertigen, indem sie zwar die Ermordung des Buben indirekt zugaben, aber von einer "nicht repräsentativen Verletzung der Grundregeln" ihrer Gruppierung fantasierten. Man habe dazu eine "Untersuchungskommission" eingesetzt.

Auf dem Video ist ein Milizionär in FSA-Uniform zu sehen, der das Todesurteil gegen das Kind verkündet. Das Erscheinungsbild des Buben lässt darauf schließen, dass er schwer gefoltert wurde. Die Ermordung des Elfjährigen fand auf einem öffentlichen Platz statt, die versammelte Menge brach in den in diesem Zusammenhang blasphemischen Ruf "Allahu akbar" (Gott ist groß) aus.

"Wer Aleppo regiert, regiert Syrien"

Im Sinn des syrischen Sprichworts "Wer Aleppo regiert, regiert Syrien" nehmen die Kämpfe um die einstige Wirtschaftsmetropole ständig an Intensität zu, berichtete die österreichische Ökumenische Stiftung "Pro Oriente" am Sonntag. Die Regierungstruppen konnten zwar den Nachschubweg der Rebellen zur türkischen Grenze abschneiden, zugleich habe aber der Granatenbeschuss auf den von den Regierungstruppen gehaltenen Westteil der Stadt zugenommen. Nach Angaben des Franziskanerpaters Ibrahim Al-Sabagh wurden an einem einzigen Tag 250 Granaten auf den Westteil der Stadt - wo viele Christen leben - abgefeuert. Aleppo erlebe derzeit "den schlimmsten Augenblick seiner Geschichte". Die Menschen seien verzweifelt, "viele beten Tag und Nacht".

Nach Angaben von Pater Al-Sabagh haben zwei Drittel der früher in Aleppo lebenden Christen die Stadt verlassen. In den von den Regierungstruppen kontrollierten Stadtvierteln hätten die Christen wenigstens das Recht, "zu leben und ihren Glauben zu bekennen". In den von den Rebellen beherrschten Vierteln sei das nicht der Fall.

Es sei zwar fast unmöglich, die verschiedenen Gruppierungen der Rebellen genau zu identifizieren, betonte der Franziskaner: "Aber jeder, der auf Wohnhäuser, Kirchen, Schulen und Krankenhäuser Granaten abfeuert, ist kein 'gemäßigter' Rebell". Zum wiederholten Mal appellierte der Franziskaner an die westlichen Staatskanzleien, für die Schließung jener Grenzen Sorge zu tragen, über die "Waffen, Nahrungsmittel und 'foreign fighters' nach Syrien eingeschleust werden".

Angesichts des Bösen könne man nicht passiv bleiben, stellte P. Al-Sabagh fest. Deshalb seien die fünf in Aleppo tätigen Franziskaner bemüht, ständig zu helfen - "durch die Verteilung von Nahrungsmittelpaketen, die Übernahme der Kosten für Mieten, Stromversorgung und medizinische Betreuung, durch Besuch der Kranken und Verletzten und durch das Gebet mit den verängstigten Gläubigen".

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