Tote und Verletzte bei Schießerei in München

23. Juli 2016 in Aktuelles


War 18-jähriger Deutsch-Iraner der Täter? – Charlotte Knobloch: „Terror von rechts, links oder Islamisten richtet sich immer gegen gesamte freie Welt, unsere Art zu leben, unsere Art zu denken“. Sie fordert gesellschaftliches Umdenken.


München (kath.net) In München hat es am Freitagabend im Münchner Olympiazentrum eine Schießerei gegeben. Bisher hat die Polizei bestätigt, dass es neun Tote und 21 Verletzte. Bei einem weiteren Toten könnte es sich ersten Angaben zufolge um den Täter handeln, der „Bayrische Rundfunk“ und weitere Medien sprechen dabei von einem 18-jährigen Deutsch-Iraner, der sich möglicherweise selbst gerichtet hat. Zu seinen Motiven ist bisher nichts bekannt, die Mutmaßungen reichen von Amoklauf bis Terroranschlag. Zunächst war von drei Tätern ausgegangen worden, was sich aber nicht bestätigte. 2.300 Einsatzkräfte kamen zum Einsatz, darunter Kräfte des SEK und des GSG9, die Polizei hatte vorsichtshalber Terroralarm ausgelöst. Die Stadt München hatte den Sonderzustand ausgerufen. Die Verkehrsbetriebe standen still, der Hauptbahnhof wurde geräumt, das Leben in der Stadt war lahmgelegt. Die Polizei hatte die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Öffentlichkeit und öffentliche Plätze zu meiden. Viele Personen waren am Abend in der Stadt gestrandet, Münchner Bürger stellten Notlager zur Verfügung, ebenso der Bayrische Landtag und weitere staatliche Einrichtungen. Nach Mitternacht entspannte sich die Situation, inzwischen fahren wieder alle öffentlichen Verkehrsmittel.

Erzbischof Ludwig Schick/Bamberg äußerte sich auf Twitter zu der Schießerei: «Auch in Stettin denken die Teilnehmer an der Vorwoche zum Weltjugendtag an die Opfer in München und beten: Herr gib Frieden unserer Zeit». Auch er selbst ist bereits im Vorfeld des Weltjugendtages in Polen.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, äußerte sich noch am Freitagabend, während die Gefährdungslage noch bestand: „Nach der Phase des Schocks und des Entsetzens müssen wir uns darauf besinnen, wo unsere Stärken sind und was wir jetzt tun können und müssen, um unsere Art zu leben zu bewahren und gleichzeitig all jene entschlossen zu suchen und zu bekämpfen, die uns für unsere Werte hassen und die unsere Freiheit und unsere Demokratie zerstören wollen.“ „Fest steht, wir werden uns nicht einschüchtern lassen.“ Allerdings erwarte sie „jetzt nicht nur deutliche Worte von der Politik, sondern ein konsequentes und entschlossenes Vorgehen gegen Extremisten, die sich politisch oder religiös radikalisieren. Größte Gefahr geht dabei vom Internet aus, wo sich Täter nicht nur ideologisch radikalisieren, sondern auch Anleitungen zur Realisierung ihrer perfiden Pläne finden können. Aber es ist möglich, Extremisten frühzeitig zu enttarnen. Dafür müssen Polizei und Sicherheitskräfte endlich alle zur Verfügung stehenden Mittel der Prävention und der Fahndung an die Hand bekommen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen – das ist die vorranginge Aufgabe des Staates und allen staatlichen Handelns. Deswegen darf die Politik nicht ohnmächtig erscheinen, sondern muss vor allem der Polizei und auch der Bundeswehr - wie in anderen Ländern auch - den uneingeschränkten Rückhalt geben. Die Verantwortlichen müssen erkennen, dass dafür auch gesetzliche Änderungen nötig sind.“

Knobloch führte weiter aus: „Als jüdische Gemeinschaft wissen und spüren wir speziell das extreme Ausmaß an Antisemitismus schon lange. Daher waren Naivität und Blauäugigkeit nie Bestandteil unseres Bewusstseins. Aber die europäischen Gesamtgesellschaften sind auf den hemmungslosen Hass, den sowohl Rechtsextremismus, aber insbesondere der fundamentale Islam in Menschen wecken kann, nicht vorbereitet. Dieser radikale Hass wendet sich gegen unsere liberalen Gesellschaften als solche. Terror von rechts, links oder Islamisten richtet sich immer gegen die gesamte freie Welt, unsere Art zu leben, unsere Art zu Denken. Wir brauchen ein tiefgreifendes Umdenken auf breiter gesellschaftlicher Ebene. Viel zu lange, viel zu leichtfertig haben Gesinnungspostulate das politische und öffentlich als sozialadäquat geltende Denken dominiert. Man war blind gegenüber den antidemokratischen und illiberalen Einstellungen, die sich immer stärker und greifbarer verbreiten – mitten unter uns.“

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