Das Kind beim Namen nennen!

19. Juli 2016 in Kommentar


Wir erleben die hohe Zeit der Sprachpolitik: Vom „internationalen Terrorismus“ ist öfter die Rede als vom islamistischen. Zum Attentat von Nizza mit 84 Todesopfern. idea-Kommentar von Alexander Kissler


Nizza (kath.net/idea) Der Terrorismus des 21. Jahrhunderts brachte einen neuen Hauptdarsteller hervor, den „verwirrten Einzeltäter“. An dieser Formulierung hielten auch im Fall des über 80-fachen Massenmords von Nizza Politik und Medien lange fest. Schon bei den Attentaten von Brüssel und Paris mit rund 160 Toten wurde der Versuch unternommen, die Massenmörder als ideologiefreie Psychopathen zu kennzeichnen. Der Terror des 21. Jahrhunderts ist aber ein überwiegend islamistischer Terror. Und Islamismus beruht auf einer ideologisch verkürzten Lesart des Islams. Frustrierte oder kranke Shintoisten, Buddhisten, Atheisten haben kein einziges Mal Dutzende Menschen mit einem Lastwagen absichtsvoll zertrümmert.

Warum wird der Islam nicht erwähnt?

Wir erleben die hohe Zeit der Sprachpolitik. Zur Verunklarung der Zusammenhänge tragen Wortspiele bei. Islamistischer Terror wird zum Terrorismus entkernt, ohne Adjektiv. Vom „internationalen Terrorismus“ ist öfter die Rede als vom islamistischen. Am Bestreben, den Islam begrifflich vom Islamismus fernzuhalten, wirken die Kirchen mit. Man beklagt in maximaler Wertungsscheu Akte der Gewalt, Explosionen des Hasses – als handelte es sich beim islamistischen Terror um die aktuelle Ausprägung allgemein menschlicher Affekte, um brutale Triebabfuhr, letztlich um Naturkatastrophen.

Islamismus in den Hirnen der Selbstmörder

Die Tatsachen sprechen anders. Der englische „Daily Telegraph“ machte die Titelseite seiner Ausgabe vom 15. Juli zu einer einzigen Gedenkinschrift: „84 Tote in Nizza“ stand da, „281 Tote in Bagdad, 49 Tote in Orlando, 72 Tote in Lahore, 35 Tote in Brüssel, 18 Tote in Grand-Bassam, 12 Tote in Jakarta“ etc. pp. Sie starben, weil sich der Wahn des Islamismus in die Hirne massenmordender Selbstmörder gefressen hatte.

Muslime müssen das Gewaltpotenzial anerkennen

Der Islam ist eine ehrwürdige Religion mit breiten theologischen Brücken zu Judentum und Christentum. Die meisten Muslime sind über Nizza ebenso entsetzt wie alle Nichtmuslime. Der Islam stellt aber auch die „gedankliche Software“ für den momentan aggressivsten Terrorismus bereit. Darum ist jetzt nicht die Stunde der Einebnung der Gegensätze, sondern die Stunde der klugen Unterscheidung. Muslime müssen das Gewaltpotenzial ihrer Religion weltweit anerkennen und stärker als bisher gegen Fundamentalismen aufbegehren. Die Kirchen wiederum sollten sich nicht selbst das Recht nehmen, den Islam zu kritisieren.

Kirchen zwischen nobel und blauäugig

Wenn EKD und katholische Bischofskonferenz in ihrer Stellungnahme zur „Situation von Christen und religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften“ alle „Propaganda“ gegen den „Islam im Allgemeinen“ entschieden zurückweisen, ist das nobel. Gleichzeitig den Eindruck zu erwecken, eine „kultursensible Zimmerbelegung“ löse viele Probleme, ist blauäugig. Ja, es gibt Hass von Muslimen auf Christen. Ja, der Islamismus ist des Islams böses Kind. Was westliche Muslime offen auszusprechen beginnen, darf unter wohlmeinenden Christen nicht zum Tabu verkommen.

Der Autor, Alexander Kissler (Berlin), leitet das Kulturressort des Monatsmagazins „Cicero“. Von ihm stammt das Buch „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“.

kath.net-Buchtipp
Keine Toleranz den Intoleranten
Warum der Westen seine Werte verteidigen muss
Von Alexander Kissler
Hardcover, 184 Seiten
2015 Gütersloher Verlagshaus
ISBN 978-3-579-07098-8
Preis 18.50 EUR

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