Schönborn erwartet von islamischen Autoritäten klarere Stellungnahmen

18. Juli 2016 in Aktuelles


Wiener Kardinal über Verursacher des Terrors: Das sind „nicht Christen, Ex-Christen oder Menschen anderer Religionen. Es sind Muslime“, Islam muss sich mit diesem Problem auseinandersetzen - Schönborn korrigiert sich beim Thema "Flüchlingsströme"


Wien (kath.net)
Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn erwarte sich in Zusammenhang mit den islamistischen Terroranschlägen klarere Stellungnahmen von islamischen Autoritäten. In einem Interview mit dem "Standard" vertrat der Kardinal: "Der Terror hat zurzeit ein islamisches Etikett – ob zu Recht oder nicht. Jedenfalls sind es nicht Christen, Ex-Christen oder Menschen anderer Religionen. Es sind Muslime. Das ist ein großes Problem für den Islam, mit dem er sich auseinandersetzen muss. Was wir andererseits dabei nicht vergessen dürfen, ist, dass die größte Zahl an Opfern des Terrors Muslime sind. Aber sicher erwarten viele zu Recht klarere Stellungnahmen von islamischen Autoritäten." Schönborn möchte aber mit der Frage, inwieweit dieser Terrorismus innerislamische Wurzeln habe, vorsichtig umgehen. "Wir haben in der Bibel auch sehr viel grausame Stellen, die freilich christlich interpretiert anders gelesen werden müssen. Auch im Christentum finden sich Wurzeln der Gewalt. Es ist ja dem Christentum nicht zu Unrecht vorgeworfen worden, dass es auch seine schlimme Gewaltgeschichte hat."

Auch das Thema "Flüchtlinge" und "Flüchtlingsströme" kam in dem Interview zur Sprache, wobei Schönborn hier eine bemerkenswerte Meinungsänderung vollzog. "Ich muss mich da selbst ein wenig korrigieren: Ich habe in manchen Stellungnahmen an die früheren Flüchtlingsströme etwa aus Ungarn oder der damaligen Tschechoslowakei erinnert. Es gibt aber einen Unterschied: Diese Flüchtlinge waren alle Europäer, hatten ungefähr dieselbe Kultur, viele dieselbe Religion." Selbst die Integration der Bosnier, die vielfach Muslime waren, ist durch die kulturelle Gemeinsamkeit schneller gegangen. Jetzt habe man es aber mit einer Zuwanderung aus dem Nahen Osten und aus Afrika zu tun. Hier sei die "kulturelle und religiöse Differenz sicher ein Faktor", der Sorge mache.

Innerhalb der katholischen Kirche sehe Schönborn derzeit "eine doch sehr starke, signifikante innerkirchliche Opposition" zu Papst Franziskus, die sich aktiv und lautstark engagiere. "Während Papst Franziskus eine große Akzeptanz in Milieus hat, die sonst mit der Kirche nicht so viel zu tun haben, gibt es innerkirchlich eine Polarisierung." Es gäbe zwei Lager. "Die deutliche Mehrheit ist mit dem Papst einverstanden und froh über sein Tun. Aber es gibt auch viele Stimmen, die sehr besorgt sind. Vergangene Woche hatte ich ein Gespräch mit Papst Franziskus. Unter anderem hat er etwas gesagt, was mich sehr beeindruckt hat: Wir müssen versuchen, die innerkirchlichen Opponenten liebevoll zu gewinnen."

Kraft der Auferstehung - Gespräche mit Kardinal Schönborn und anderen


Foto oben (c) Erzdiözese Wien


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