Bewusstseinswandel notwendig

14. Juli 2016 in Kommentar


Die Diskussion über den Islam verlangt Ehrlichkeit. Ignoranz, Verharmlosung oder sogar Gleichgültigkeit führen nicht weiter. Gastkommentar von Prof. Werner Münch


Würzburg-Berlin (kath.net/Die Tagespost) Weihnachten 2015 meldete sich Ignatius Joseph III. Younan, das Oberhaupt der syrisch – katholischen Kirche zu Wort, um an das Leid der Christen im Nahen Osten zu erinnern. „Wir werden nicht nur vergessen, sondern betrogen von der sogenannten zivilisierten Welt, die sich weigert, die Notlage der christlichen Minderheit unter einer nicht christlichen Mehrheit anzuerkennen“. Dem Westen warf der Patriarch vor, „seine Geschäfte mit den muslimischen Ländern höher einzustufen, als die Verteidigung und Unterstützung der bedrohten Glaubensbrüder.“ Worte, die aufrütteln sollten, doch offenbar schnell wieder vergessen worden sind. Höchste Waffenexportzahlen, gerade von Deutschland, auch in islamische Krisengebiete, werden von der Politik ebenso genehmigt wie die peinliche Teilnahme des deutschen Außenministers an einem Kultur-Festival in einem wahhabitischen Staat, der allein an einem Tag im Januar dieses Jahres 47 Todesstrafen vollstreckt hat. Auch die Ölgeschäfte des Westens mit islamischen Ländern laufen weiter auf Hochtouren. Terroristische Anschläge inner – und außerhalb Europas gehören inzwischen fast zur bedrückenden Alltagsrealität. Nach solchen Terroranschlägen in Nachbarstaaten gibt es eine Vielzahl von sicher gutgemeinten, emotional - symbolischen Aktionen im Stil der „Kultur der Betroffenheit“. Bei Verfolgungen, Vertreibungen von Christen aus ihrer Wohnung und Heimat, Enthauptungen, Aufspießen auf Pfählen, Zwangsislamisierungen und Versklavungen, auch von minderjährigen Kindern, außerhalb des europäischen Kontinents gibt es lediglich kurze Meldungen in einigen Medien. Wenn überhaupt.

Das überkonfessionelle Hilfswerk „Open Doors“, das jährlich einen Weltverfolgungsindex verfasst, stellt für das Jahr 2015 fest, dass mehr als 100 Millionen Menschen weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, am stärksten Christen. Der vor kurzem verstorbene britische Verleger Lord Weidenfeld hat Ende 2015 in einem „Welt“ - Interview den „Islamischen Staat“ ( IS ) für schlimmer als Nazis und Bolschewiken bezeichnet mit der Begründung: „Sie köpfen und kastrieren ihre Opfer, sie schänden Frauen nach Belieben, kreuzigen die Menschen, verstümmeln sie systematisch – und das alles mit obszöner sexueller Freude. Das ist moralisch für mich die unterste Stufe des Menschseins“. Auch der chaldäische Erzbischof Amel Shamon Nona hat in einem Gespräch Ende 2015 den Westen an seine getrübte Wahrnehmung der islamistischen Bedrohung erinnert. „Der Westen durchlebt eine innere Krise, er verliert die Grundwerte des Lebens, das macht Euch schwach, verängstigt und – wie ich beobachten muss – völlig unfähig, auf eine äußere Krise wie den Islamischen Staat zu reagieren. Die Terroristen sind eine Minderheit, genauso sind auch die Moslems in Euren Staaten eine Minderheit, und doch machen Euch beide Angst. Solche Angst, dass Ihr geradezu in Ehrfurcht vor ihnen erstarrt. Ihr selbst aber habt sie in Eure Länder gelassen, die einen wie die anderen, denn sie gehen Hand in Hand“. Und auf die Frage: „Was ist der Grund dafür?“ antwortet Nona: „Ihr lehnt die Werte ab, auf denen Eure Gesellschaft aufgebaut wurde und die sie groß gemacht haben. Alle wirklich soliden, tragfähigen und krisenfesten Errungenschaften, die Ihr heute genießt, sind aus diesen Werten hervorgegangen, und das sind christliche Werte. Doch dann habt Ihr an einem bestimmten Punkt der Geschichte gemeint, Ihr könnt Euch nun von diesen Werten, diesen Fundamenten verabschieden und das Gebäude bleibt trotzdem stehen. Kein Haus bleibt aber stehen, wenn man Hand an seine Fundamente legt. Das ist Hochmut, der seinen Preis fordert. Ihr habt alles auf die individuelle Freiheit gesetzt, die gewiss wichtig ist, aber ohne die Wahrheit ist sie letztlich wertlos und bricht zusammen, sobald das Erbe der christlichen Werte, von denen sie ausgegangen ist, aufgezehrt ist“. Ähnlich sieht es der chaldäisch – katholische Patriarch Louis Raphael Sako, welcher den Westen frühzeitig davor warnte, allzu blauäugig muslimische Flüchtlinge aus dem Nahen Osten aufzunehmen (Vgl. Tagespost vom 26. November 2015, S. 8).

Es ist bedauerlich, dass solche seriösen Weltkirchenstimmen, aber auch zahlreiche empirische Belege, Statistiken und Mahnungen bei vielen Menschen weiterhin nicht zu einem Bewusstseinswandel führen, die islamistische Bedrohung für die christliche Zivilisation verharmlost und verdrängt wird. Dabei gibt es Folgendes zu beachten:

Erstens: Auf der Welt leben 1,6 Milliarden Muslime, die sich unabhängig davon, ob sie als Minderheit in einem Land wohnen oder dort zur Mehrheitsbevölkerung gehören, durch eine überdurchschnittliche Geburtenrate auszeichnen.

Zweitens: „In allen muslimischen Gesellschaften vollziehen sich Gärungsprozesse, die die Rolle der Religion in Staat und Gesellschaft betreffen“. Die „konservative Interpretation des Islam“ gewinnt „zunehmend an Bedeutung“.

Drittens: Das Ziel lautet: Infragestellung der Trennung von Staat und Religion und die Schaffung eines „Staatswesens nach islamischen Prinzipien“, also die Verwirklichung des „Traums vom islamischen Gottesstaat in den unterschiedlichen Schattierungen“ ( Syrien, Irak, Iran, Pakistan, afrikanische Länder, Salafismus, Wahhabismus; siehe hierzu Thilo Sarrazin: „Wunschdenken“, DVA Verlag 2016, bes. Sn. 78 f. ).

Einer der ständig in der Öffentlichkeit wiederholten Vorwürfe von unkritischen Islam – Bewunderern ist die Islamophobie, die allzu sorglose oder manipulativ agierende Politiker, Journalisten und muslimische Führer und Verbandsvertreter ständig realistischen Beobachtern vorhalten. „Aber die Wahrheit ist, dass Muslime nicht nur im Westen, sondern auch in anderen Ländern der Welt, wo muslimische Minderheiten leben – etwa Ghana oder Indien -, ein Ausmaß an Gleichberechtigung genießen, von dem religiöse Minderheiten in muslimischen Ländern nur träumen…“,schreibt der Soziologe Ruud Koopmans, Direktor der Abteilung Migration, Integration und Transnationalisierung im Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin in der Frankfurter Allgemeinen am 1. Juli d. J. „Unter den 10% der weltweit am stärksten diskriminierten religiösen Minderheiten“ gebe es nur 2 Fälle, „in denen Muslime von Staaten mit einer nichtmuslimischen Mehrheit unterdrückt werden: Myanmar und Russland. Dagegen gibt es 34 Fälle extremer Diskriminierung nichtmuslimischer Religionsgruppen durch einen Staat mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit...“

Was in der öffentlichen Diskussion bewusst tabuisiert wird, ist der Hass des radikalen Islam auf die Homosexuellen. Koopmans weist ferner darauf hin, dass der Islam „insgesamt homophob“ ist. Es gebe „10 Länder auf der Welt, wo (…) das Töten von Homosexuellen offizielles Gesetz ist“, und in 20 weiteren muslimischen Ländern sei „Homosexualität illegal“, und er kommt zu dem Schluss, dass lediglich wahrheitswidrig behauptet werden kann, „dass der Hass auf Anderslebende und Andersgläubige ‚nichts mit dem Islam zu tun‘ habe oder dass ‚der‘ Islam eine ‚Religion des Friedens‘ sei. Es zeuge außerdem von einem mangelhaften Unrechtsbewusstsein, die Trommel der ‚Islamophobie‘ zu rühren, aber zu schweigen über die viel schlimmere Phobie der muslimischen Welt gegen alles Unislamische“. Schließlich wird diese Tatsache auch noch durch den Antisemitismus vieler Muslime unterstrichen. Er ist zwar „leider immer noch in großen Teilen der Welt verbreitet…, doch in fast allen Weltreligionen lehnt eine deutliche Mehrheit der Befragten Antisemitismus ab. Nur im islamischen Nahen Osten und Nordafrika ist das anders. Dort ist Antisemitismus kein Minderheitenphänomen, sondern die gesellschaftliche Norm: 74% der Bevölkerungen dieser Länder haben ein antisemitisches Weltbild“.

Aber statt eine Verhaltensänderung zu fordern – Koopmans spricht von einer notwendigen „Revolution des Denkens“ im Islam -, wird von vielen weiterhin lautstark verkündet, der Islam sei eine friedfertige Religion und selbst Terroristen, die unschuldige Menschen ermorden, würden die islamische Religion nur missbrauchen. Nach dem grausamen Mord an 49 Personen in Orlando, USA, wurde von „Selbstradikalisierung des Attentäters“ und nicht vom Zusammenhang zwischen dem fundamentalistischen Islamisten und seinem Hass auf Homosexuelle gesprochen. Der „Eiertanz“ zur Verleugnung dieses Zusammenhangs durch unsere öffentlich – rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik in ihrer Berichterstattung über Orlando war an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten.

Selbst der TV – Moderator Omer Adib in Ägypten hat vor kurzem zum Thema Islam und Terror öffentlich folgendes bekannt: „Wir haben vor 1.400 Jahren den Verstand getötet. In unserer Religion existieren diese Verbrechenslehren, und sie werden weiterverbreitet. Wann sehen wir das ein, statt uns seit 1.400 Jahren selbst zu belügen“?

Wolfgang Ockenfels hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Islam schon immer eine „politische Religion“ war. Im Interview mit dieser Zeitung vom 22. Dezember 2015 machte er deutlich: dies impliziere u. a. auch „rechtliche Ordnungsvorstellungen und vor allem politische Machtansprüche, welche mit dem christlichen Selbstverständnis, aber auch mit unserem Grundgesetz nicht kompatibel sind“. Und wo ist eigentlich die klare Stimme unserer kirchlichen Eliten in Deutschland, die nicht dem politischen Mainstream hinterherläuft? Kann es sein, dass der Eindruck richtig ist, der sich bei der Wahrnehmung mancher öffentlichen Erklärung einstellt, dass nämlich der Koran und andere authentische Schriften nur selektiv gelesen, Bücher von seriösen, gut informierten Warnern wie Necla Kelek, Ayaan Hirsi Ali, Joseph Fadelle, Hamed Abdel – Samad oder Sabatina James aber sogar bewusst verdrängt werden? Ist auch der faktische Einzug der Scharia in unser Rechtssystem, vor allem im Familien -, Erb – und Sozialrecht, bisher nicht wahrgenommen worden und wenn dann lediglich als „Bereicherung“?

Warum weist der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford – Strohm, die „Ängste vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands als ‚kleingläubig‘ zurück“, und warum bezeichnet die frühere Ratsvorsitzende Margot Käßmann die Angst vor einer Islamisierung in Deutschland als „Unsinn“? Auch ihre angesichts der Glaubensrealität in Deutschland eher zynische Empfehlung, diese Menschen sollten statt Ängste aufzubauen sonntags in die Kirche gehen – das hat sie von Angela Merkel gehört oder umgekehrt -, ist insofern grober Unfug, weil der Kirchgang – wie es beispielsweise die verfolgten Christen Syriens leidvoll erfahren haben und erfahren - nicht vor Islamisierung schützt. Es wäre besser, sie würden sich stattdessen gemeinsam mit Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz Gedanken darüber machen, wie beide Kirchen dem zunehmenden Glaubensverlust entgegenwirken können.

Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki sage kürzlich: „Wer ja zu Kirchtürmen sagt, der muss auch ja sagen zu Minaretten“. Damit hat er Kirchen und Moscheen im religiösen, rechtlichen und politischen Sinn gleichgesetzt. Soviel religiöse Toleranz wünscht man sich auch in muslimischen Ländern.

Und warum sind Muslime und Homosexuelle in Flüchtlingsunterkünften besonders zu schützen, während die von Muslimen diskriminierten Christen bei Beschwerden darüber von Salafisten des Wachpersonals verlacht und als „Störenfriede“ zurückgewiesen werden? Wer macht sich für diese nun leider erneut und doppelt verfolgten Christen in unserer Kirche stark? Wer in der Politik? Der seine katholische Sozialisierung so gern zur Schau stellende Ministerpräsident von Baden – Württemberg, Winfried Kretschmann, wohl nicht. Angesprochen auf das Burka – Verbot in der Bundesrepublik fiel ihm nichts Besseres zu dieser Diskussion ein als der Satz: „Mich erschüttert es, welche Angst einige Bürger in Deutschland vor dem Islam und einer Islamisierung haben“.

Wohin man auch blickt: Verharmlosung und Anpassung, Gleichgültigkeit und Ignoranz statt Aufklärung, kultureller Widerstand und mutiges Eintreten für die eigenen Glaubenswahrheiten, - das kann nicht gutgehen! Nur ein Bewusstseinswandel kann das Fortschreiten der gegen unsere christlichen und demokratischen Werte gerichteten weiteren Islamisierung verhindern. In Verantwortung gegenüber den uns nachfolgenden Generationen in Europa, aber auch in Solidarität mit den verfolgten Christen weltweit stehen wir vor einer großen Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Jetzt.

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