Gauck: Lage der Christen in Syrien erfüllt mich mit großer Sorge

9. Juli 2016 in Weltkirche


Bundespräsident forderte politische Lösung - Bundesverband der Aramäer: Fast die Hälfte der christlichen Bevölkerung Syriens Heimat bereits geflohen: „Das aramäische Urchristentum ist akut bedroht, der vollendete Exodus nur eine Frage der Zeit.“


Berlin ((kath.net/idea) Die Lage der Christen in Syrien und im Irak erfüllt Bundespräsident Joachim Gauck (Archivfoto) mit großer Sorge. Das machte er beim Empfang des Oberhauptes der Syrisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Ignatius Aphrem II. Karim, im Schloss Bellevue am 7. Juli in Berlin deutlich. Der Patriarch vertritt einen Teil der aramäischen Christen. Bei dem Treffen waren auch Vertreter des Bundesverbandes der Aramäer (Heidelberg) dabei. Wie Gauck sagte, ist das Leben von Christen in der Region durch Krieg und islamistischen Terror existenziell bedroht. Sie „werden vertrieben, entführt, ermordet, ihre Wohnungen und Häuser beschlagnahmt, ihre Kirchen und Klöster übernommen oder zerstört, ihre Geistlichen verschleppt“.

Der Bundespräsident erinnerte an den Verleger George Weidenfeld (1919–2016), der Anfang des Jahres kurz vor seinem Tod gemahnt habe, die Christen nicht zu vergessen.

Gauck betonte, dass unter den Opfern auch Jesiden, Schiiten und Sunniten seien, die nicht die radikalen Ansichten der Terroristen verträten. Er plädierte für eine politische Lösung: „Die Einhaltung der Menschenrechte, das Recht auf Religionsfreiheit und die Sicherheit der Minderheiten müssen garantiert sein.“

Bundesverband der Aramäer: Das Urchristentum ist akut bedroht

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Aramäer, Daniyel Demir, hatte im Vorfeld des Termins den deutschen Staat aufgefordert, sich für die bedrohten Minderheiten im Nahen Osten einzusetzen. Fast die Hälfte der christlichen Bevölkerung Syriens habe die Heimat bereits verlassen: „Das aramäische Urchristentum ist akut bedroht, der vollendete Exodus nur eine Frage der Zeit.“

Die humanitäre Hilfe müsse deswegen dringend ausgeweitet werden. Dabei könne man auf die gut funktionierenden kirchlichen Strukturen vor Ort zurückgreifen: „Effektive Hilfe zur Selbsthilfe ist der Schlüssel, die Existenz zu sichern.“ Nur so könne Hoffnung vermittelt werden, sagte Demir.

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche geht auf die im Jahr 37 nach Christus gegründete Gemeinde von Antiochien (heute Türkei) zurück und bewahrt die Muttersprache Jesu, das Aramäische.

Sie gilt nach der Jerusalemer Urgemeinde als älteste Kirche und hat weltweit zwei Millionen Mitglieder.

In Deutschland leben rund 100.000 in etwa 60 Gemeinden. Die Aramäer sind in der Syrisch-Orthodoxen Kirche und in der Syrisch-Katholischen, Syrisch-Maronitischen, Syrisch-Chaldäischen und der Apostolischen Kirche des Ostens zu Hause. In Deutschland sind rund 150.000 Aramäer beheimatet, in der EU insgesamt bis zu 300.000. Zu den syrischen Christen – sie selbst bezeichnen sich zumeist als „Suryoye“ – gehören Aramäer, Assyrer, Chaldäer und Maroniten.


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