Chile: Wiederholte Brandanschläge auf Kirchen

7. Juli 2016 in Interview


Seit 2014 wurden insgesamt 15 Gotteshäuser in Brand gesteckt – Konflikt mit Ureinwohnern spitzt sich zu – Bischof Stegmeier zur aktuellen Lage


Villarrica (kath.net/KIN) Im Süden Chiles schwelt seit Jahren ein gewaltsamer Konflikt. Die Ursachen liegen in der Kolonialgeschichte: Angehörige der Mapuche, eines indigenen Volksstamms, gehen gegen ihre Landsleute vor. Man wolle sich das Land zurückerobern, von dem die Vorfahren einst vertrieben wurden, so die Stammeskämpfer. Immer wieder verüben sie Brandanschläge – auch auf Kirchen und Gemeindezentren. Seit 2014 wurden insgesamt 15 Gotteshäuser in Brand gesteckt. Die Mehrheit der Stammesmitglieder verurteilt die Gewalt: Bekennen sich doch fast 90 Prozent der Mapuche zum christlichen Glauben.

Einer der letzten Anschläge traf das Priesterseminar der Diözese Villarrica. Mapuche-Gruppen hielten das Gebäude fast zwei Jahre besetzt, ehe sie im März vertrieben werden konnten. Das Gebäude ist in einem desaströsen Zustand. Der Bischof von Villarrica, Francisco Javier Stegmeier, gibt Auskunft über die aktuelle Lage. Der 54-Jährige leitet die südchilenische Diözese seit 2009. Das weltweite päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ hat mit ihm gesprochen.

Kirche in Not: Die Anschläge auf Kirchen nehmen zu – allein in diesem Jahr gingen elf Gotteshäuser in Flammen auf. Wie ist die Situation?

Bischof Stegmeier: Wir erleben Gefühle der Trauer und der Ohnmacht. In einem Augenblick ist alles vernichtet, wofür die Gemeinden jahrelang gearbeitet haben. Das ist das Werk von Kriminellen. Die Brandstifter treffen mit ihren Taten ja ihre eigenen Stammesmitglieder! Denn die Mehrheit der Gläubigen in den betroffenen Regionen sind arme Mapuche.

Kirche in Not: Wie reagieren die Gläubigen auf die Anschläge?

Stegmeier: Die Gläubigen erweisen sich als wahre Zeugen Christi. Ich habe bisher noch kein Wort des Hasses gehört. Niemand ruft nach Rache oder Vergeltung. Obwohl die Menschen so grausam getroffen wurden, leben sie Versöhnung. Sie haben den Tätern von Herzen verziehen und möchten ihnen in christlicher Brüderlichkeit begegnen.

Kirche in Not: Wie antwortet die katholische Kirche Chiles auf die Gewalttaten?

Stegmeier: Die Kirche muss immer mit vertrauensvollem Gebet antworten. Wir beten für die Opfer, aber auch für die Täter. Wir Christen müssen alle lieben, auch die Feinde. Wir wissen, dass die Antwort auf Gewalt und Hass die Hinwendung zu Christus ist. Er ist der Friedensfürst, der die Menschen mit Gott und miteinander versöhnt. Das ist unsere Botschaft. Und damit leisten wir unseren Beitrag, damit die chilenische Gesellschaft Wege zum Frieden finden kann.

Kirche in Not: Wie könnte eine Lösung in diesem Konflikt aussehen?

Stegmeier: Den Angehörigen der Mapuche ist in der Vergangenheit schweres Unrecht geschehen. Das muss wiedergutgemacht werden. Dazu muss der Staat der indigenen Bevölkerung effektiv helfen. Die Gesellschaft wiederum muss die kulturelle Identität der Mapuche anerkennen und würdigen. Die Interkulturalität kann uns bereichern und einen.

Kirche in Not: Würden die Mapuche-Kämpfer auf ein solches Teilhabeangebot eingehen?

Stegmeier: Diese Gruppierungen sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Gewalt ruft immer noch mehr Gewalt hervor und man kann vergangenes Unrecht nicht durch neues wiedergutmachen. Eine nachhaltige Lösung erfordert den guten Willen aller, die aufrichtige Bereitschaft zu vergeben und Versöhnung zu suchen. Dafür beten und arbeiten wir.

„Kirche in Not“ steht solidarisch an der Seite der Christen in Chile. Das Hilfswerk fördert den Bau von Kirchen, leistet Existenzhilfe für Priester, Seminaristen und Ordensleute und unterstützt die pastorale Arbeit in den Gemeinden. Nach dem schweren Erdbeben im Jahr 2010 hat „Kirche in Not“ Millionenhilfen für den Wiederaufbau bereitgestellt. Um weiterhin helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden:

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Foto: Zwei Priester aus der Diözese Villarrica zeigen ein verkohltes Kreuz nach einem Brandanschlag © Kirche in Not


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