Sinai: Koptischer Priester von IS-Terroristen ermordet

3. Juli 2016 in Chronik


Bluttat erfolgte am dritten Jahrestag der großen Demonstrationen, die zur Absetzung des islamistischen ägyptischen Präsidenten Mursi führten.


Kairo (kath.net/ KAP)
Trauer und Empörung in der weltweiten koptischen Gemeinschaft: In El Arish im nördlichen Sinai wurde am Donnerstag der Priester Rafael Moussa vor dem Eingang der Georgskirche von Terroristen erschossen. Die Terrororganisation IS bekannte sich zu dem Verbrechen. Die Bluttat erfolgte laut Angaben der Stiftung "Pro Oriente" am dritten Jahrestag der großen Demonstrationen, die zur Absetzung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi führten. In El Arish war bereits 2013 ein koptischer Priester erschossen worden.

Rafael Moussa wollte nach der Morgenandacht seinen Wagen in die Werkstatt bringen, als ein Terrorkommando ihn mit einem Kugelhagel direkt vor der Kirche niederstreckte. Der 46-jährige Priester war verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er war seit 2012 in der Georgspfarre in El Arish tätig; er war damals zugleich mit dem Priester Mina Aboud in die Küstenstadt am Mittelmeer gekommen. Mina Aboud wurde im Juli 2013 ermordet.

Die Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel wird als sehr schlecht eingeschätzt; die ägyptischen Sicherheitsbehörden haben weithin die Kontrolle über das Territorium verloren, in dem die dschihadistische Bewegung "Ansar Bayt als-Maqdis" aktiv ist. In einer IS-Erklärung hieß es, der Priester sei ermordet worden, weil er "Krieg gegen den Islam" habe führen wollen. Nach dem Mord an dem Priester explodierte im zentralen Polizeirevier von El Arish eine Bombe, dabei wurde ein Polizist getötet, ein weiterer wurde schwer verletzt.

Die koptisch-orthodoxe Kirchenleitung brachte am Donnerstagnachmittag gegenüber "dem Bischof, der Eparchie, der Familie und der Pfarrgemeinde" ihr Beileid zum Ausdruck. Wörtlich heißt es in der Erklärung: "Wir verurteilen alle terroristischen Akte, die das Heil der Nation bedrohen und die Einheit des Volkes zerstören wollen. Möge Gott Ägypten und seine Kinder vor allem Übel behüten."

Der Ruf zur Einheit zwischen Christen und Muslimen ist der Schlüssel für die Haltung des koptisch-orthodoxen Papst-Patriarchen Tawadros II. gegenüber Präsident Abd-el-Fattah al-Sisi. Der Präsident hat einige von den Kopten hochgeschätzte Gesten gesetzt, so etwa seine Besuche in der Markuskathedrale in Kairo und seine Kritik an extremistischen Tendenzen an der Al-Azhar-Universität.

Al Azhar hat die Ermordung von Rafael Moussa in scharfen Worten verurteilt. Es handle sich um eine "feige Untat", die im Gegensatz zur "Lehre des Islam und aller Religionen" stehe.

Al-Sisi: "Religiöse Debatte" ohne Extremismus

Präsident al-Sisi hat indes die Muslime erneut aufgefordert, gemeinsam den Terrorismus zu bekämpfen und eine "freie religiöse Debatte" zu führen. Die muslimische Welt befinde sich in einer sehr gefährlichen Phase und sehe sich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Dies erfordere "gemeinsame Anstrengungen und die Überwindung von Differenzen". Der Präsident äußerte sich in diesem Sinne in einer TV-Sendung anlässlich der "Laylat Al-Kadr", jener Nacht, in der Mohammed die Offenbarung empfangen haben soll. Insbesondere wandte sich al-Sisi in seinem Appell an die Vertreter der Al-Azhar-Universität mit der Bitte um ein "Nachdenken über die religiöse Debatte", die von allen Faktoren befreit werden müsse, die das Verhalten in muslimischen Gemeinden negativ beeinflussen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der ägyptische Präsident die muslimischen Autoritäten auf die Dringlichkeit einer energischen Bekämpfung des Fanatismus hinweist. In einer berühmten Ansprache an die Wissenschaftler der Al-Azhar hatte al-Sisi zum Beginn des Jahres 2015 erklärt, dass die muslimische Welt vom Rest der Welt nicht als "Quelle der Angst, der Gefahr, des Todes und der Zerstörung" betrachtet werden dürfe, weshalb die Anführer des Islam eine "religiöse Revolution" anstoßen sollten, die den Fanatismus überwindet und durch eine "erleuchtete Weltanschauung" ersetzt.

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