Türkei wegen nichtverhindertem Mord an Ehefrau verurteilt

30. Juni 2016 in Aktuelles


Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs: Die Türkei trägt Mitschuld am Tod einer Türkin, die von ihrem Ehemann ermordet wurde. Die staatlichen Behörden hätten trotz mehrmaliger Bitten der Frau um Hilfe versagt.


Straßburg (kath.net//KNA) Die Türkei trägt nach einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eine Mitschuld am Tod einer Türkin, die von ihrem Ehemann ermordet wurde. Die staatlichen Behörden hätten trotz mehrmaliger Bitten der Frau um Hilfe versagt, betonten die Richter in ihrer am Dienstag in Straßburg veröffentlichten Entscheidung. So habe sich ein türkisches Gericht geweigert, den Mann trotz wiederholter Todesdrohungen in Untersuchungshaft zu nehmen. Auch die Missachtung des Verbots, sich seiner Familie zu nähern, seien nicht geahndet worden.

Die türkischen Behörden hätten somit eine Situation geschaffen, die häusliche Gewalt weiter befördert habe, betonten die Straßburger Richter. Zugleich kritisierte der Menschenrechtsgerichtshof, die Türkei habe zu wenige Schutzräume für Frauen eingerichtet, die unter häuslicher Gewalt leiden.

Die Türkin war im November 2008 von ihrem Ehemann ermordet worden. Anschließend nahm sich auch der Mann das Leben. Er hatte in den Monaten zuvor die Frau und ihre sieben Kinder mehrfach mit dem Tode bedroht. Zwischenzeitlich hatte er zwei Kinder entführt. Ein gerichtlich angeordnetes Umgangsverbot mit seiner Ehefrau hatten die Behörden nicht durchgesetzt. Mehrere Anzeigen der Frau gegen ihren Ehemann waren erst nach mehreren Wochen, beziehungsweise Monaten bearbeitet worden. Der Mutter der Ermordeten sprach der Menschenrechtsgerichtshof nun eine Entschädigungszahlung von 65.000 Euro zu.

(C) 2016 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


© 2016 www.kath.net