Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!

20. Juni 2016 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Bevor man andere richtet, muss man sich im Spiegel anschauen. Heuchelei wird deutlich, wenn man Gottes Platz einnehmen will. Letzte heilige Messe vor der Sommerpause. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Letzte heilige Messe mit Papst Franziskus in Santa Marta vor der Sommerpause am Montag der zwölften Woche im Jahreskreis. Der Papst stellte in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit das Tagesevangelium vom Splitter im Auge des anderen und vom Balken im eigenen (Mt 7,1-5).

Richten – kommt allein Gott zu. Wenn wir daher nicht gerichtet werden wollen, dürfen auch wir die anderen nicht richten. Dies unterstrich der Papst, denn: wir alle wollten, dass der Herr am Tag des Jüngsten Gerichts auf uns „mit Wohlwollen blickt, dass der Herr die vielen hässlichen Dinge vergisst, die wir im Leben getan haben“. Aus diesem Grund werde der Mensch nach demselben Maß gerichtet, mit dem er über die anderen geurteilt habe.

So fordere der Herr von uns, in den Spiegel zu schauen:

„Schau in den Spiegel, aber nicht, um dich zu schminken, damit man deine Falten nicht sieht. Nein, nein, nein, das ist nicht der Rat! Schau in den Spiegel, um dich anzublicken, wie du bist. ‚Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?’ Oder wie du zu deinem Bruder sagen wirst: ‚Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken?’. Und wie beurteilt es der Herr, wenn wir das tun? Mit einem Wort: ‚Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen’“.

Es sei zu sehen, dass der Herr hier ein wenig verärgert sei. Er nenne uns „Heuchler“, wenn wir den Platz Gottes einnähmen. Dies sei es, wozu die Schlange Adam und Eva überredet habe: „Wenn ihr davon esst, werdet ihr wie er sein!“. Adam und Eva „wollten an die Stelle Gottes treten“:

„Deshalb ist das Richten und Urteilen so hässlich. Das Richten – steht nur Gott zu, allein ihm! Uns steht die Liebe zu, das Verständnis, das Beten für die anderen, wenn wir etwas sehen, das nicht gut ist. Aber auch mit ihnen reden: ‚Hör zu, also, ich sehe das da, vielleicht...’. Nie aber richten. Wenn wir richten, dann ist das Heuchelei“.

Wenn wir richteten und urteilten, „nehmen wir den Platz Gottes ein“. Doch unser Urteil „ist ein armes Urteil, nie kann es ein wahres Urteil sein“. „Und warum“, fragte sich Franziskus, „warum kann unser Urteil nicht wie das Urteil Gottes sein? Weil Gott allmächtig ist und wir nicht?“. Nein, dies sei nicht die Antwort. Die richtige Antwort laute: „Weil unserem Richten die Barmherzigkeit fehlt. Und wenn Gott urteilt und richtet, richtet er mit Barmherzigkeit“:

„Heute wollen wir an das denken, was der Herr uns sagt: richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Das Maß, die Art und Weise, das Maß, mit dem wir richten, wird dasselbe sein, das uns gegenüber zur Anwendung kommt. Und drittens: bevor wir urteilen, müssen wir in den Spiegel schauen. ‚Aber die da – die macht das... der da hat das gemacht...’. ‚Warte einen Moment....’. Ich schaue mich im Spiegel an und dann denke ich nach. Andernfalls werde ich ein Heuchler sein, weil ich den Platz Gottes einnehme, und noch dazu ist mein Urteil ein armes Urteil. Es fehlt ihm etwas so wichtiges, das dem Urteil Gottes eignet, es fehlt ihm die Barmherzigkeit. Der Herr lasse uns diese Dinge gut verstehen“.

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