Umfrage: Islamischer Fundamentalismus bei Türkischstämmigen verbreitet

16. Juni 2016 in Deutschland


Emnid-Umfrage: Unter türkischstämmigen Menschen in Deutschland halten 47 Prozent die Befolgung islamischer Gebote für wichtiger als die deutschen Gesetze.


Berlin (kath.net/KNA) Unter türkischstämmigen Menschen in Deutschland sind islamisch-fundamentalistische Einstellungen verbreitet. Das geht aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Emnid-Umfrage im Auftrag des Exzellenzclusters «Religion und Politik» der Universität Münster hervor. Dabei bekundeten 90 Prozent der Befragten ein hohes Wohlbefinden in Deutschland und fast ebenso viele eine sehr enge bis enge Verbindung sowohl zu Deutschland wie zur Türkei. Dennoch klagen mehr als die Hälfte über fehlende soziale Ankerkennung.

Der Münsteraner Religionssoziologen Detlef Pollack sprach von einem beträchtlichen Anteil an islamisch-fundamentalistischen Einstellungen, die schwer mit den Prinzipien moderner Gesellschaften zu vereinen seien. Demnach stimmte die Hälfte der Befragten dem Satz zu «Es gibt nur eine wahre Religion». 47 Prozent hielten die Befolgung islamischer Gebote für wichtiger als die deutschen Gesetze.

Ein Drittel meinte, Muslime sollten zur Gesellschaftsordnung aus Mohammeds Zeiten zurückkehren. 36 Prozent zeigten sich überzeugt, nur der Islam könne die Probleme der Zeit lösen. Nach Pollacks Einschätzung lag bei 13 Prozent der Befragten ein verfestigtes fundamentalistisches Weltbild vor.

Die Befragten schrieben dem Islam vor allem positive Eigenschaften wie Toleranz und Friedfertigkeit zu. Über 80 Prozent erklärten zugleich, es mache sie wütend, wenn nach einem Terroranschlag als erstes Muslime verdächtigt würden. Drei Viertel plädierten für ein Verbot von Büchern und Filmen, die Gefühle tief religiöser Menschen verletzen. Zwei Drittel meinten, der Islam passe in die westliche Welt - 73 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland meinen das Gegenteil.

Die vehemente Verteidigung des Islam führte Pollack auch auf mangelnde gesellschaftliche Anerkennung zurück. Rund die Hälfte der Befragten fühlt sich laut Studie als «Bürger zweiter Klasse». 54 Prozent stimmten der Aussage zu, dass auch die eigene Anstrengung daran nichts ändern würde und knapp ein Viertel sah sich diskriminiert.

Unterschiede zeigten sich zwischen den Generationen. Der Anteil von Fundamentalisten war demnach in der erste Generation doppelt so hoch wie bei den Nachkommen. Sie folgt auch strenger den Glaubensvorschriften. Knapp 40 Prozent dieser Generation meinte, Frauen sollten ein Kopftuch tragen. In den Folgegenerationen waren es 27 Prozent. Dort war die religiöse Praxis zwar geringer, die religiöse Selbsteinschätzung aber höher. Die zweite und dritte Generation sei stärker integriert, zugleich aber offensiv-selbstbewusster bei der Bewahrung der eigenen Kultur, hieß es.

Emnid befragte nach eigenen Angaben gut 1.200 Zuwanderer aus der Türkei und ihre Nachkommen ab 16 Jahren zwischen November 2015 und Februar 2016. 40 Prozent der Befragten wurden in Deutschland geboren. Laut Statistischem Bundesamt lebten 2014 rund 2,9 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland.

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