Rabbiner Sacks: Europa geht an seiner Geburtenarmut zugrunde

7. Juni 2016 in Aktuelles


Die durch die Geburtenarmut angekurbelte Masseneinwanderung aus fremden Kulturkreisen sei keine Lösung, weil die Europäer systematisch versagten, die Neuankömmlinge in ihr Wertesystem zu integrieren.


London (kath.net/KNA) Der ehemalige britische Oberrabbiner Jonathan Sacks (68) rechnet wegen der Kinderlosigkeit in den westlichen Gesellschaften mit dem Ende der europäischen Zivilisation. Die davon angekurbelte Masseneinwanderung aus fremden Kulturkreisen sei keine Lösung, weil die Europäer systematisch versagten, die Neuankömmlinge in ihr Wertesystem zu integrieren, sagte er der Zeitung «The Times» (Montag) nach der Entgegennahme des renommierten Templeton-Preises in London. Insofern ähnele der Niedergang Europas dem des Römischen Reiches.

Weder der Markt noch der Staat könnten den «Kollaps» der europäischen Geburtenraten wirksam verhindern, so Sacks, der von 1991 bis 2013 Oberrabbiner und damit höchste moralische Instanz des britischen Judentums war. Stattdessen herrsche ein System des Versagens und des moralischen Verfalls. Es fehle allgemein der Wille, Opfer für die Zukunft zu bringen. Die Menschen seien vor allem darauf bedacht, die Gegenwart zu genießen und lehnten die Verantwortung für Kinder ab. Gleichzeitig wachse die soziale Ungleichheit und verfalle der Glaube an etwas Höheres. Durch diese Entwicklung verliere Europa zunehmend seine Identität. «Und wenn eine Kultur ihre Identität verliert, bleibt nichts mehr übrig, in das man integrieren könnte.»

Der Templeton-Preis, benannt nach dem Stifter und Finanzinvestor Sir John Templeton (1912-2008), würdigt Verdienste an der Schnittstelle zwischen Religion und Wissenschaft. Mit umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro ist er die am dritthöchsten dotierte Auszeichnung der Welt für Einzelpersonen. Zu den bisherigen Preisträgern zählten unter anderen Mutter Teresa und der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker.

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