Bischöfe bedauern Schweizer Ja zur Präimplantationsdiagnostik

6. Juni 2016 in Schweiz


Volksabstimmungen vom Sonntag bringen Mehrheiten für weitreichende Erlaubnis der PID und schnellere Asylverfahren - Bedingungsloses Grundeinkommen abgelehnt – Schweizer Bischöfe warnen: Negative Folgen für den Schutz des menschlichen Lebens


Bern (kath.net/KAP) Die katholischen Bischöfe der Schweiz bedauern den Ausgang des Referendums über die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID). Das Ja des Schweizer Stimmvolks zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes bedeute einen Rückschritt, hielt der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, der Lausanner Bischof Charles Morerod, am Sonntag in einer Stellungnahme fest. Das revidierte Gesetz gefährde den vollständigen Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende, warnte er. "Die Anerkennung der vollen Würde jedes menschlichen Wesens, zuallererst des Schwächsten, ist wesentlich für eine gerechte Gesellschaft", so Morerod.

Laut Hochrechnungen stimmten am Sonntag rund 62 Prozent der Schweizer Wähler dafür, dass unter bestimmten Bedingungen Gentests an künstlich befruchteten Embryonen vorgenommen werden können, bevor diese in die Gebärmutter einer Frau eingesetzt werden. Paare mit einer schweren Erbkrankheit und Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, dürfen nun PID in Anspruch nehmen. Sie können Embryonen vor der Einsetzung in den Mutterleib auf Chromosomenstörungen wie etwa das Down-Syndrom untersuchen lassen.

Das Gesetz erlaubt zudem, dass zwölf Embryonen pro Behandlungszyklus statt wie bislang drei erzeugt werden. Auch müssen diese nicht länger sofort in die Gebärmutter eingepflanzt werden, sondern können für eine spätere Behandlung eingefroren werden. Die Herstellung von Embryonen für Stammzellen oder Anwendungen wie die Bestimmung des Geschlechts bleibt verboten.

"In vielen Fällen werden die Embryonen als wahrscheinliche Träger einer Krankheit oder einer Behinderung beseitigt, statt sich des Menschen anzunehmen", betonte Bischof Morerod. "Es ist uns ein Anliegen, zu den behinderten Personen zu wiederholen, dass wir an ihre volle Würde glauben und dass wir uns darüber freuen, dass ihr Leben von der Hilfe zahlreicher Personen begleitet ist", sagte er namens der Schweizer Bischofskonferenz.

"Ja, aber" zu neuem Asylrecht

Unterstützung fand am Sonntag an den Schweizer Wahlurnen auch eine Reform für beschleunigte Asylverfahren. Die von der Regierung geplanten neuen Regelungen bei Asylverfahren unterstützten laut Hochrechnungen rund zwei Drittel der Wähler. Asylverfahren in der Schweiz dauern derzeit teils mehrere Jahre. Justizministerin Simonetta Sommaruga will diese Spanne auf maximal 140 Tage verkürzen. Das Gesetz sieht auch die Einführung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung und -beratung vor, die sicherstellen soll, dass die beschleunigten Verfahren rechtsstaatlich korrekt ablaufen.

Kirchenvertreter hatten sich vor dem Referendum mit einem "Ja, aber" für die Reform ausgesprochen, weil trotz der damit verbundenen Verschärfung des Asylrechts die Vorteile überwiegen würden. Durch schnellere Verfahren verkürze sich für die Betroffenen auch die Zeit der Ungewissheit, so die damit verbundene Hoffnung.

Die angestrebten kürzeren Verfahren müssten aus ethischer Sicht jedoch zwingend von der garantierten unentgeltlichen Rechtsberatung begleitet sein, hielt die Kommission "Iustitia et Pax" der Schweizer Bischofskonferenz am Sonntag in einer ersten Reaktion auf das Abstimmungsergebnis noch einmal fest. "Die konkrete Umsetzung dieser Vorgaben wird zeigen, wie ernst es uns ist, das Asylrecht als Grundrecht zu respektieren", wurde betont.

Bedingungsloses Grundeinkommen abgelehnt

Mit deutlicher Mehrheit von rund 78 Prozent haben sich die Schweizer Stimmberechtigten am Sonntag zudem gegen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ausgesprochen. Die Initiatoren dieser Abstimimung sprachen mit Blick auf den Anteil von 22 Prozent an Befürwortern in ersten Reaktionen dennoch von einem "sensationellen Erfolg". Ihnen war es vor allem darum gegangen, eine Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen loszutreten. Der Sprecher der Volksinitiative, Daniel Häni, zeigte sich überzeugt, dass die Debatte angesichts der Zustimmung eines Fünftels der Wähler weitergehe, "auch international".

kath.net dokumentiert die Stellungnahme von Bischof Charles Morerod, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, über das Ja zum neuen Fortpflanzungsmedizingesetz, „Negative Folgen für den Schutz des menschlichen Lebens“, in voller Länge:

Das Ja des Schweizer Stimmvolks zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes hat negative Folgen, was wir bedauern. Das revidierte Gesetz bedeutet einen Rückschritt. Es gefährdet den vollständigen Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende, von der Zeugung bis zum natürlichen Tod. Die Schweizer Bischöfe bedauern namentlich die weit gefasste Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID). In vielen Fällen werden die Embryonen als wahrscheinliche Träger einer Krankheit oder einer Behinderung beseitigt, statt sich des Menschen anzunehmen. Die medizinische Forschung, auf deren Fortschritt wir alle zählen, ist aufgefordert, kreativ und innovativ zu sein, damit die besten Mittel gefunden werden, um jedes Leben anzunehmen und Krankheiten zu heilen.

Es ist uns ein Anliegen, zu den behinderten Personen zu wiederholen, dass wir an ihre volle Würde glauben und dass wir uns darüber freuen, dass ihr Leben von der Hilfe zahlreicher Personen begleitet ist. Die Anerkennung der vollen Würde jedes menschlichen Wesens, zuallererst des Schwächsten, ist wesentlich für eine gerechte Gesellschaft. So sagt es im Übrigen auch die Präambel der Bundesverfassung, in der es heisst, "dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen".

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