28. Mai 2016 in Deutschland
Früherer EKD-Ratsvorsitzender Wolfgang Huber: Er werde zunehmend nervöser, wenn er höre, Muslime bräuchten Zeit - Er erwarte, dass Muslime und Muslimverbände ein positives Verhältnis zur geltenden Rechtsordnung entwickeln
Leipzig (kath.net/idea) Anstatt Angst vor einer Islamisierung Deutschlands zu haben, sollten Christen ihren eigenen Glauben überzeugter leben. Dazu hat der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber (Berlin) am 26. Mai beim 100. Deutschen Katholikentag aufgerufen. Er sprach auf einem Podium zum Thema Religion Privatangelegenheit oder öffentlicher Auftrag? Glauben leben in einer pluralen Gesellschaft. Für die meisten Muslime sei es normal, ihren Glauben öffentlich zu bekennen. Huber: Etwas mehr von dieser Überzeugung wünsche ich mir auch bei Christen einen Schritt heraus aus unserem mitteleuropäischen Relativismus. Nach Hubers Worten ist der Glaube zwar etwas Persönliches, zugleich habe er aber stets eine öffentliche Dimension, weil man das, was man glaube, immer auch in Gemeinschaft bezeugen wolle.
Islamwissenschaftler: Wir brauchen Zeit Huber: Nein!
Der Islamwissenschaftler Prof. Omar Kamil (Leipzig/Abu Dhabi) erklärte, im Islam sei Religion niemals nur Privatsache. Viele Muslime in Deutschland müssten lernen, dass Staat und Religion voneinander getrennt seien. Sie brauchten dabei die Unterstützung der Gesellschaft und keinen erhobenen Zeigefinger. Kamil: Wir brauchen Zeit. Ein solches Umdenken könne mitunter zwei, drei oder vier Generationen erfordern.
Dem widersprach Huber entschieden. Er werde zunehmend nervöser, wenn er höre, man brauche Zeit. Er erwarte sowohl von einzelnen Muslimen als auch von muslimischen Vereinigungen, dass sie ein positives Verhältnis zur geltenden Rechtsordnung entwickelten: Da möchte ich nur fünf oder zehn Jahre warten und keine vier Generationen.
Juristin: Deutsche Muslime müssen sich abnabeln vom Islam ihrer Herkunftsländer
Die Juristin Prof. Christine Langenfeld (Göttingen) äußerte die Erwartung, dass Muslime in Deutschland sich so organisieren sollten, wie es den hiesigen Strukturen entspreche. Bis heute mischten sich viele Herkunftsländer zu stark in die Organisation muslimischen Lebens in Deutschland ein: Zu viele schauen noch immer auf den Islam in den Ländern, aus denen sie vor 40 oder 50 Jahren kamen. Für sie selbst sei der Glaube eine wichtige Kraftquelle, bekannte die Katholikin. Diesen vertrete sie natürlich auch nach außen: Wir wünschen uns doch, dass der Glaube auch das Leben anderer positiv beeinflusst.
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