Theologe erwartet: Papst wird in Polen Sprache entgiften

25. Mai 2016 in Aktuelles


Innsbrucker Dogmatiker Niewiadomski behauptet, "dass nach dem Auftritt von Conchita Wurst viele - selbst Bischöfe, wenn auch unter vorgehaltener Hand - bemerkten, dass die Ästhetik des Auftritts an die Ästhetik des Bildes von Faustyna erinnert".


Innsbruck (kath.net/KAP) Auf einen "kreativen Beitrag zur Entgiftung der Sprache in Politik, Kultur und Kirche" durch Papst Franziskus hofft der Innsbrucker Theologe Jozef Niewiadomski mit Blick auf den nahenden Weltjugendtag in Krakau. In Polen sei nach den jüngsten Reformen der neuen Regierung ein von Hass beherrschter Grundton eingezogen, doch auch in Österreich habe es in den Tagen vor der Bundespräsidentenwahl eine "beispiellose Sprachverrohung" gegeben, die die Lager immer weiter auseinandergebracht hätte. Um dagegen aufzutreten, könne die Krakauer Heilige Sr. Faustyna Kowalska (1905-1938) dem Papst eine ideale Vorlage liefern, behauptete der selbst aus Polen stammende Dogmatikprofessor am Mittwoch gegenüber "Kathpress".

Bewusst habe der Papst schon in seiner Botschaft für den Jugendtag auf Sr. Faustyna Bezug genommen und als "Richtschnur" ein von ihr überliefertes Gebet angeführt. Gott wird darin u.a. um "barmherzige Augen" und eine "barmherzige Zunge" gebeten. Niewiadomski sah dies als sehr bodenständigen Zugang zum Weltjugendtags-Thema der Barmherzigkeit: Sie sei hier ein "konkretes, herausforderndes Lebensprogramm", das zum Handeln anleite. Franziskus verhindere so auch eine "Einengung auf Devotion", die sonst oft rund um die Ordensfrau und Mystikerin Kowalska anzutreffen sei.

Für heutige Jugendliche sei ein oberflächlicher Blick auf Sr. Faustyna eher "entfremdend", so die Einschätzung des Theologen. Zu groß sei der Kontrast der zeitbedingt süßlichen Sprache ihrer Notizen zur jener der Jugendszene. Dennoch könne die Ordensfrau durch ihre Initiative, ihren Nonkonformismus und ihre Standfestigkeit faszinieren. Niewiadomski verwies hier auf die Abstammung aus armen Verhältnissen, den Klostereintritt mit 16 gegen den Willen der Eltern sowie die Schikanen der Mitschwestern, die Kowalska aufgrund ihrer inneren Erlebnisse als "Spinnerin" sahen und ihr einen "dornigen Weg" bereiteten. Sie sei dennoch "keine Heulsuse" gewesen, sondern eine "mit beiden Beinen auf dem Boden stehende Frau".

Rätselhafte Faszination

Kraft zum Durchhalten mit Optimismus und Vertrauen, selbst in ausweglosen Situationen wie ihrer schweren Erkrankung und des unausweichlichen Sterbens in jungen Jahren habe Sr. Faustyna im Gebet gefunden. Es sei "verblüffend", wie wichtig ihr dabei der Satz "Jesus ich vertraue auf Dich" gewesen sei, erklärte der Dogmatiker. "Ihr Lebenskontext als Außenseiterin macht dieses Gebet noch viel plastischer, denn: Auf wen kann ich mich noch verlassen, wenn die Mitschwestern und die Oberen kein Verständnis für mich finden? Kowalska resigniert nicht, wohl aber bewältigt sie ihr Geschick durch ihre Spiritualität."

Ähnlich verhalte sich es mit dem Gemälde des "Barmherzigen Jesus", das von Sr. Faustyna in Auftrag gegeben wurde. Er selbst habe dem Bild gegenüber zwar Vorbehalte, behauptete Niewiadomski. Bemerkenswert sei aber die Faszination, die es auf viele Menschen und sogar Jugendliche ausübe. Längst sei es kein Geheimnis mehr, "dass nach dem Auftritt von Conchita Wurst viele - selbst Bischöfe, wenn auch unter vorgehaltener Hand - bemerkten, dass die Ästhetik des Auftritts an die Ästhetik des Bildes von Faustyna erinnert", so der Theologe, der dies tiefenpsychologisch deutete: "Anscheinend strahlt das Bild die Botschaft des Vertrauens aus."

Keine Frömmigkeits-Verengung

Die offiziellen Weltjugendtags-Patrone Faustyna und ihr Landsmann Johannes Paul II., der die zuvor vom Vatikan verbotene Botschaft der Ordensfrau für die katholische Kirche wiederentdeckte und Kowalska 1993 selig- und 2000 heiligsprach, sollen das Motto "Selig die Barmherzigen" deuten, so Niewiadomski. Auch beim Event selbst ist das Thema der Barmherzigkeit überall präsent, u.a. durch das Faustyna-Jesusbild im Logo, die auf YouTube verbreitete Hymne, den "Campus Misericordia" als Platz des Schlussgottesdienstes sowie den Besuchs des Faustyna-Klosters Lagiewniki und des Johannes-Paul-Geburtsortes Wadowice.

Dass es in Krakau zu einer Verengung des Bibeltextes auf den "Kult der Barmherzigkeit Gottes" und auf Frömmigkeit komme, befürchtet Niewiadomski nicht: Viele der Jugendlichen würden beim Vorprogramm in den polnischen Diözesen diverse Caritas-Einrichtungen sowie symbolgeladene Orte wie das Grab des Solidarnosc-Märtyrers Jerzy Popieluszko in Warschau oder die Gedenkstätte für Maximilian Kolbe in Auschwitz besuchen. Bemerkenswert sei weiters der große Einsatz der Veranstalter, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zum Großevent zu ermöglichen. Auch Papst Franziskus selbst setze hier einen Akzent, indem er im Caritasheim für alte Menschen übernachte.

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