Der Unterschied

30. April 2016 in Kommentar


EKD-Botschafterin Margot Käßmann sagte, man solle auf Terror mit „Beten und Liebe“ reagieren. idea-Kommentar von Konrad Adam


Frankfurt (kath.net/idea) Die EKD-Botschafterin für das 500-jährige Reformationsjubiläum, Margot Käßmann (Foto), hatte in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ gesagt, man solle auf den Terror mit „Beten und Liebe“ reagieren. Dazu ein Kommentar des früheren Redakteurs bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Konrad Adam (Oberursel im Taunus).

Wenn es eine Gestalt gibt, die für den Protestantismus in aller Welt beispielhaft geworden ist, dann Dietrich Bonhoeffer (1906–1945). Seine Stimme klingt deshalb so überzeugend, weil er nicht nur gepredigt, sondern auf seine Art auch gehandelt hat, nachdem er die ihm als Christen wohlbekannten Zweifel überwunden und sich dem Widerstand gegen Hitler angeschlossen hatte. Als letztes Mittel hat Bonhoeffer die Gewalt zwar nicht gefordert, aber doch für legitim, ja unerlässlich gehalten.

Bonhoeffers authentisches Zeugnis

Diese Überzeugung hat ihn zu seiner Kirche auf Distanz gebracht. Dass der Aufruf zur Gewalt nicht die Botschaft der Kirchen sein kann, wusste er so gut, vielleicht auch besser als viele seiner Amtskollegen. Dass es Umstände gibt, unter denen sie erlaubt, ja geradezu geboten sein kann, man jedenfalls gute Gründe braucht, um sie bedingungslos zu verurteilen, wusste Bonhoeffer auch. Danach hat er gehandelt, und das macht sein Verhalten so exemplarisch. Kurz vor Kriegsende – am 9. April 1945 – ist Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg gehenkt worden. Damit hat er ein Beispiel gegeben und ist – kirchlich gesprochen – zum Märtyrer geworden. Martys ist ja der Zeuge, sein Martyrium das Zeugnis, der Beweis. Und wirklich ist das Zeugnis, das Beispiel, das selbst gebrachte Opfer der einzige Weg, für eine Wahrheit einzutreten, die dem, was allgemein für wahr, für richtig, für zweckmäßig oder opportun gehalten wird, diametral widerspricht.

Der Unterschied zwischen weltlicher und geistlicher Macht

Heute leben wir unter Umständen, die uns nur ausnahmsweise Gelegenheit zum Heroismus bieten; von der Verpflichtung ganz zu schweigen. Auch Margot Käßmann lebt unter solchen Bedingungen – glücklicherweise. Sie genießt den Schutz einer Staatsmacht, versucht aber, sie auf Regeln festzulegen, die eben nicht für den weltlichen, sondern für den geistlichen Arm – die Kirchen – gelten. Und auch da nicht immer und ausnahmslos, wie Bonhoeffers Beispiel zeigt. Dort, wo die Terroristen herrschen, in Syrien zum Beispiel, gelten andere Regeln als hierzulande.

Von Deutschland aus die Liebe und das Beten als Mittel im Kampf gegen den Terror zu empfehlen, läuft doch auf die Erwartung hinaus, dass andere das Opfer schon bringen werden, um das man selbst herumzukommen hofft. Friedrich Nietzsche (1844–1900) hat einmal gesagt, ein Philosoph sei ihm gerade so viel wert, als er bereit sei, ein Beispiel zu geben. Man darf das Beispiel, das man selbst nicht geben muss, nicht von den anderen verlangen.

Foto Margot Käßmann (c) EKD


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