Scharfe Kritik an türkischer Forderung nach «religiöser Verfassung»

27. April 2016 in Aktuelles


CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: Wenn die Türkei eine islamische Verfassung einführen wolle, schlage sie «mit einem lautem Knall selbst die Tür nach Europa zu».


Istanbul/Hamburg (kath.net/KNA) Die Forderung des türkischen Parlamentspräsidenten Ismail Kahraman nach einer islamischen Verfassung für sein Land ruft scharfe Kritik hervor. «Das wäre die vollkommene Abkehr von der Politik von Kemal Atatürk, der vor knapp hundert Jahren die Türkei zu einem säkularen Staat reformierte», sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Dienstag Spiegel Online. Wenn das Land eine islamische Verfassung einführen wolle, schlage sie «mit einem lautem Knall selbst die Tür nach Europa zu».

Kahraman hatte laut Medienberichten am Montag bei einer Konferenz in Istanbul gesagt: «Wir sind ein muslimisches Land. Deshalb brauchen wir eine religiöse Verfassung.» Für Säkularismus sei indes kein Platz. «Warum sollten wir uns als muslimisches Land von der Religion distanzieren?», wird der AKP-Politiker zitiert.

Scheuer kritisierte weiter: «Die Provokationen aus der Türkei nehmen zu.» Die aktuellen Schikanen gegen Journalisten und Künstler zeigten, dass Erdogan nicht nur in der Türkei Presse- und Meinungsfreiheit mit Füßen trete, sondern auch Europa seine Vorstellungen aufzwingen wolle, so der CSU-Politiker.

Die Regierungspartei AKP hatte nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl im November eine Verfassungsreform gefordert. Trotz ihrer absoluten Mehrheit ist sie für das Vorhaben auf andere Parteien angewiesen.

Das derzeit geltende Prinzip des Laizismus in der türkischen Verfassung sieht eine strikte Trennung zwischen Religion und Staat sowie Religions- und Kultfreiheit vor. In der Praxis kontrolliert jedoch eine staatliche Behörde für Religiöse Angelegenheiten alle Aktivitäten, die mit dem Islam in Verbindung stehen.

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