Wenn der 'Tatort' zur gegenderten Persiflage wird

8. März 2016 in Kommentar


Die Premiere des weiblichen Ermittlerduos am vergangenen Sonntag war an einfallslosen Klischees nicht zu überbieten. idea-Kommentar von Bernhard Limberg


Wetzlar (kath.net/idea) „Tatort“-Fans müssen ein dickes Fell haben. Vor allem die Männer. Die werden konsequent als beziehungsunfähig oder als Sonderlinge dargestellt – kein Wunder, dass es keine Frau an ihrer Seite aushält. Tröstlich, dass die meisten Ermittlerinnen es auch nicht besser hinbekommen und ebenfalls in Krimis kein normales Eheleben führen. Wenigstens war das Mann-Frau-Verhältnis in den Morddezernaten noch einigermaßen ausgeglichen. Aber die Premiere des neuen Ermittlerduos Karin Gorniak und Henni Sieland aus Dresden am vergangenen Sonntag war an einfallslosen Klischees nicht zu überbieten.

Das erste weibliche Gespann in der Krimireihe wirkte wie ein Sprung in die Zeit alter Kampfparolen der feministischen Zeitschrift „Emma“, als pauschal vor dem Mann als potenziellem Vergewaltiger gewarnt werden musste.

Eine Kommissarin ist alleinerziehend, die andere trennt sich gerade von ihrem Freund, den sie ihrer Meinung nach mit ihrem Gehalt durchfüttern muss. Vor allem sind beide darauf bedacht, dass das „tolle“ Image der weiblichen Ermittler in der Behörde keinen Schaden nimmt.

Die Krönung: ihr Chef. Der ist zu blöd, eine Kaffeemaschine zu bedienen, geschweige denn eine E-Mail zu verschicken. Er trauert der guten alten „DDR“ nach, kann nur chauvinistische Sprüche klopfen, ist unfähig mit – natürlich weiblichen – Verdächtigen zu sprechen und weiß selbstverständlich auch nicht, dass „Cinnamon“ und Zimt ein und dasselbe sind.

Man fragte sich, wo solche Exemplare in deutschen Behörden überhaupt noch anzutreffen sind? Jede Frauenbeauftragte hätte schnellstens dafür gesorgt, dass er sofort gehen muss.

Man stelle sich nur kurz vor, die Geschlechterrollen wären umgekehrt verteilt gewesen: Frau blöd – Mann genial. Es hätte einen Aufschrei (!) gegeben mit dem Vorwurf: Sexismus!

„Politisch korrekt“ war nur der Plot der Geschichte: Ein schwuler Schlagersänger, der Teil des laut Krimi beliebten Duos „Toni & Tina“ ist, wird von seiner „Partnerin“ ermordet. Er ist seit Jahren mit einem Mitglied einer singenden Männergruppe liiert, die von schmachtenden weiblichen Fans lebt. Irgendwie tröstlich, dass die Reaktionen der Zuschauer im Internet meist vernichtend ausfielen.

Der Autor, Bernhard Limberg, ist verantwortlicher Redakteur Internet und Fernsehen bei der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).


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