Hongkong: SARS veränderte Lebensvision der Menschen

27. Juni 2003 in Chronik


Menschen, für die bisher der Profit das höchste Ziel im Leben war, hätten erfahren, dass Wissenschaft, Politik und Geld manchmal nichts ausrichten können, meinte P. Criveller aus Hongkong.


Hongkong (www.kath.net / Fidesdienst) "Die Lungenkrankheit SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) war für Hongkong eine Erschütterung. Sie hat die Lebensvision der Menschen verändert und die Stadt hat dadurch an Lebensqualität gewonnen." Das sagt der in Hongkong lebende italienische PIME-Missionar, Pater Gianni Criveller, im Gespräch mit dem Fidesdienst ineinem Kommentar zur Streichung der ehemaligen britischen Kronkolonie von der schwarzen Liste der epidemiegefährdeten Länder.

Durch die verheerende Tragödie habe die Stadt den Glauben an die Vorsehung wieder gewonnen. "Die Menschen in Hongkong, für die bisher der Profit das höchste Ziel im Leben war, haben ihre eigenen Grenzen erfahren und gesehen, dass Wissenschaft, Politik und Geld manchmal nichts ausrichten können. Bei vielen Menschen hat die Erfahrung mit SARS zum Nachdenken über existenzielle und geistliche Werte geführt: familiäre Beziehungen, Freundschaften undzwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen wurden neu austariert und viele haben sich auch nach der eigenen Beziehung zu Gott befragt."

Die "Helden dieser Zeit" seien "nicht Geschäftsmänner oder Politiker und auch nicht die Stars aus Fernsehen, Kino und Musik sondern vielmehr die acht Ärzte, die ihr Leben im Dienst an den anderen geopfert haben", meint der Pater. Im Gespräch mit dem Fidesdienst weist der Missionar auf zwei vorherrschende Gemütslagen in der ehemaligen Kronkolonie hin: "Auf dereinen Seite gibt es die Rückkehr zur Freiheit und ein Gefühl der allgemeinen Erleichterung. In den Schulen, auf der Straße, an öffentlichen Orten, in den Kirchen müssen keine Gesichtsmasken mehr benutzt werden."

Andererseits wachse die Sorge im Zusammenhang mit dem Einbruch derWirtschaft. Die Arbeitslosenrate habe mit acht Prozent Höchstwerte erreicht. "In einer Stadt,die vom Fremdenverkehr und vom Dienstleistungssektor lebt und in der vieleFinanzunternehmen Niederlassungen besitzen, hat SARS für viele Familienwirtschaftliche und soziale Probleme mit sich gebracht". Pater Criveller erinnert auch an das Engagement der Kirche bei derBekämpfung von SARS. Drei Priesterwurden für die seelsorgerische Betreuung und die Sakramentenspende für dieSARS-Kranken in den Hospitälern zur Verfügung gestellt.

Unter den acht Ärzten, die ihr Leben bei der Behandlung von Kranken verloren haben, sei auch der katholische Arzt Thomas Cheung Sik-hin gewesen, der in der Pfarrei der hl. Theresa tätig und Vorsitzender des Ärzteverbandes war. Auch die 35-jährige Ärztin Tse Yeun-man habe sich freiwillig für die Pflege von SARS-Kranken gemeldet. Frau Dr. Tse ist Mitglied der protestantischen Praise Assembly. P. Criveller: "Dies sind Menschen, die in die Geschichte dieser Stadt eingehen werden."


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