Gottesraub und andere Geschichten - Leseprobe 3

3. März 2016 in Buchtipp


Leseprobe 3 aus dem Buch "Gottesraub und andere Geschichten" von Gabriele Kuby


Linz (kath.net)
Der Gottesraub ist ein famoses Buch! Ich habe es aufgeschlagen und konnte nicht aufhören zu lesen. Tolle Geschichten. Dramatisch und herzerfrischend. Ich habe viel gelernt und viel gelacht. Gabriele Kuby hat die Geschichten dieser höchst ungewöhnlichen bayrerischen Bäuerin auf geniale Weise in eine wunderbare, treffende Sprache gebracht. Ein großes Verdienst ist es, dass damit geschichtliche Ereignisse, Atmosphäre, Mentalität und vor allem der Glaube dieser Jahre so anschaulich in unsere Zeit herübergerettet werden. Ohne Verklärung, aber immer mit einem so schönen Sprachwitz und einer durch Marei verkörperten Weltaunschaung und Lebenshaltung, die einen tief berührt. "Gottesraub" ist kleine Weltliteratur und erinnert in seiner Klasse an die Erzählungen von Oskar Maria Graf. - Peter Seewald

Leseprobe 3:
Hitler, nix als Hitler

Wir haben in der Schule immer am Anfang gebetet, aber später wurde das verboten, da ist nur noch „Heil Hitler“ gesagt worden. Es musste dann auch das Kreuz abgehängt werden, und dann sind die Hitler und Himmler dort hingehängt worden, wo das Kreuz war.

Das Fräulein hat das Kreuz hinten in der Ecke aufgehängt und hat einen Blumenstock darunter gestellt. Jeden Tag am Anfang der Pause ist sie vom Pult an den Bänken vorbei gegangen und hat dem Blumenstock Wasser gegeben. Da habe ich mir gesagt: Die hält was aufs Kreuz, sonst würde sie nicht jeden Tag durch die Reihen gehen und den Blumenstock gießen.

Es gab eine Landkarte mit Stecknadeln. Da hieß es immer: Unsere tapferen Helden sind schon so weit und so weit. Wir haben Birkenblätter fürs Winterhilfswerk gesammelt, sind ins Arxthamer Moos hinunter und haben ganze Säcke voll Schlüsselblumen gepflückt für unsere „tapferen Helden“. Wir haben gemeint, Wunder was der Hitler für ein wichtiger Mensch ist.

Im Lesebuch stand eine Geschichte vom Führer. In Berchtesgaden hat der einen Bauernhof gehabt, und jedes Jahr an seinem Geburtstag, am 20. April, durfte ihm ein deutsches Mädchen mit blonden Zöpfen einen Blumenstrauß überreichen. Da habe ich mir vorgestellt, dass ich das Dirndl wäre, das den Blumenstrauß überreichen darf. Aber Berchtesgaden war natürlich weit weg. Hitler, nix als Hitler.

Dann ist mir aufgefallen, dass jede Woche ein oder zweimal auf dem Friedhof ein Kreuz aus Birken gestanden ist mit einem Stahlhelm darüber und einem Schild mit dem Namen und dem Ort, wo der gefallen ist, in Russland oder in Frankreich. Da haben die Leute so furchtbar g’reat, [geweint], und mir ist zum ersten Mal aufgegangen: So gut kann die Geschicht mit dem Hitler nicht sein, wenn die Leute auf dem Friedhof vor dem Birkenkreuz mit dem Stahlhelm so furchtbar weinen.

Die Allerärgste von unserer Gegend war die Gmelchin in Endorf. Bei der hat’s Uhren und Schmuck gegeben. Sie ist dauernd vor der Tür gestanden und hat Heil Hitler gesagt, wenn die Leute vorbei sind, und hat jeden aufgeschrieben, der Grüß Gott gesagt hat. Unsere Mama hat von Haus aus den Hitler überhaupt nicht mögen. Einmal hat sie gesagt: „Habt ihr’s gehört? Während des Gottesdienstes besucht der die Gräber der tapferen Helden. Was hat denn der am Friedhof die Gräber der tapferen Helden zu besuchen, wenn Gottesdienst ist?! Da gehört er in die Kirch rein. Der braucht nicht so tun, als wenn er was glauben tät. Dem glaub ich gar nichts, der bringt uns alle ins Unglück.“

Heil Hitler hat sie nie gesagt und zur Gmelchin recht frech: „Grüß Gott, Gmelchin!“ Darauf die Gmelchin: „So, das ist jetzt wiederholt vorgekommen. Noch einmal, wenn du nicht den deutschen Gruß sagst, dann sorg ich dafür, dass du abgeholt wirst.“ Die Mama ist dann halt auf die andere Straßenseite gegangen und hat zur Gmelchin gar nicht mehr rüber geschaut.

kath.net Buchtipp
Gottesraub und andere Geschichten - erzählt von Marei, herausgegeben von Gabriele Kuby
Hardcover, 152 Seiten
2015 fe-medienverlag
ISBN 978-3-86357-144-3
Preis 13.20 EUR

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