Mitten in Europa: Todesurteil 'Christ'

22. Juni 2003 in Chronik


Österreich: Eine Ex-Muslimin, die Christin wurde, soll von ihrer Familie getötet werden - Eine Reportage von Eckhard Nickig


Wien (kath.net/idea)
Wenn Moslems Christen werden, hat das eine Tragweite, die Nichtmoslems kaum ermessen können. Denn fast immer führt der Übertritt zum Christentum zum Bruch mit der Kultur des Heimatlandes, der eigenen Familie, dem ganzen bisherigen Leben. Viele lassen sich deshalb bei der Taufe einen neuen Namen geben. Oft werden alte Freunde, sogar Familienangehörige, zu Feinden. Ein Fall aus Österreich schockiert derzeit die deutschsprachige Öffentlichkeit: Eine Ex-Muslimin aus Pakistan, die Christin geworden ist, wird von ihrer Familie mit dem Tod bedroht. Sie ist untergetaucht und lebt auf der Flucht. Die 21jährige, die sich Sabatina James nennt, kam im Alter von zehn Jahren nach Österreich. Als ihr Vater, ein pakistanischer Gastarbeiter, sie 1992 mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in ein kleines Dorf bei Linz an der Donau nachholt, ist das junge Mädchen fasziniert von dem grünen, sauberen, wohlhabenden Land. Immer mehr nimmt sie den westlichen Lebensstil an, während sich ihre Mutter abkapselt. In der Schule will die Jugendliche keine Außenseiterin sein, schminkt sich, tauscht die pakistanische Nationalbekleidung für Frauen, eine knielange Bluse, gegen Jeans. Mit 15 offenbaren ihr ihre Eltern, daß sie in Pakistan einem Cousin als Ehefrau versprochen ist. Mit 16 schafft man sie nach Pakistan, doch sie verweigert vor versammelter Familie die Verlobung. Die Mutter peitscht sich angesichts der Schande selber aus. Zur Strafe wird Sabatina in eine Koranschule gesteckt, wo man ihren Willen mit dem Rohrstock brechen will. Nach drei Monaten wird sie rausgeworfen und in das Haus ihres Onkels gebracht. Sie fügt sich, trägt Kopftuch und willigt in die Verlobung ein. Doch in Wirklichkeit will sie nichts als zurück nach Österreich, wo ihre Eltern bereits wieder sind.

Heimliche Bibellektüre

Zurück an der Donau geht ihre Entfremdung vom Islam weiter. Als ihr ein Mitschüler von seiner Bekehrung erzählt, wird sie neugierig auf den christlichen Glauben. „Ich habe Jesus kennengelernt und bin Christ geworden“, erzählt er. Er berichtet, wie ihm Jesus „erschienen“ sei und sein Leben umgekrempelt habe. Sabatina hält das für „Spinnerei“, doch die Gespräche mit dem Freund setzt sie fort. Von ihrer Familie wird sie indes immer mehr unter Druck gesetzt, sich streng islamisch zu verhalten. Als der Mitschüler ihr eine Bibel schenkt, nimmt sie sie an. Zunächst widerstrebend, dann immer häufiger liest sie nachts heimlich in der Bibel, während ihre kleine Schwester im selben Bett schläft. „Je mehr ich mich mit der Bibel beschäftigte, um so absurder erschien mir der Koran. Dort kreiste alles um Kampf und um die Macht des Glaubens, ganz offen wurde die Unterdrückung der Frau legitimiert, und selbst die Gewalt, das Töten Andersgläubiger, wurde nicht verurteilt.“

Eine letzte Frist

Als sie wieder einmal mit ihrem Vater streitet, erklärt sie ihm: „Ich glaube nicht mehr an denselben Gott wie du, Vater. Ich glaube an Jesus Christus, aus tiefstem Herzen.“ Der Vater stürzt wutschnaubend aus der Wohnung. Die Familie gibt ihr eine Frist von zwei Wochen, um ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Ein Freund des Vaters droht: „Wenn du nicht wieder Mohammed annimmst, müssen wir dich töten.“ Der Vater ergänzt: „Die Familienehre ist wichtiger als mein oder dein Leben. Wer unserem Glauben den Rücken kehrt, hat den Tod verdient.“ Ihre Eltern begründen das Todesurteil gegen sie mit den islamischen Gesetzen des Hadith, Buchari 737: „Wer seine Religion ändert, den sollt ihr töten.“ Auch im Koran (Sure 4,89) heißt es „... wenn sie sich abwenden, töte sie.“ Sabatina, die inzwischen eine eigene kleine Wohnung hat, geht zur Polizei. Die Polizei vernimmt die Familie, doch die leugnet die Tötungsabsicht. Doch auch ihr Cousin, den sie heiraten sollte, bedroht sie mit dem Tod. Sabatina gibt ihre Wohnung auf und lebt seitdem an wechselnden Orten bei „Gastfamilien“ und geht nur noch mit Begleitschutz aus dem Haus.

Umstrittener Medienstar

Nun ist sie in die Offensive gegangen und hat Anfang Juni in einem kleinen österreichischen Verlag ihre Lebensgeschichte veröffentlicht – zwei Jahre nach dem Bruch mit ihrer Familie. Der Verleger Jürgen Kleindienst, eine schillernde Persönlichkeit, ist bekannt dafür, daß er heiße Eisen anpackt. Das österreichische Boulevardblatt „Kronen-Zeitung“ brachte eine Serie über Sabatina, die Aufsehen erregte. Auch deutsche Medien wie „Bild“ und „Focus“ berichteten in großer Aufmachung. Zweimal trat Sabatina im Österreichischen Fernsehen auf, inzwischen kennt sie fast jeder Österreicher. Mittlerweile hat die Geschichte eine weitere ungute Wendung genommen. Es sind Nacktfotos von Sabatina aufgetaucht, die dem Magazin „News“ zugespielt wurden. Nach der Veröffentlichung wurde die Glaubwürdigkeit der jungen Frau angezweifelt und gefragt, ob alles nur erfunden sei. Doch Sabatina wehrt sich gegen die Vorwürfe. Sie sagt, daß sie die Fotos machen ließ, um zu prüfen, ob eine Model-Karriere für sie in Frage komme. Sie habe jedoch erkannt, daß dies falsch sei und die Veröffentlichung der Fotos untersagt. Sie habe Gott um Verzeihung für diesen Fehler gebeten. Trotz des schmerzhaften Bruchs mit ihrer Familie gibt es für Sabatina kein Zurück mehr. Nach Pfingsten schreibt sie in ihr Internet-Tagebuch. „Aber das wichtigste, ich habe zu Jesus Christus gefunden. Diese Entscheidung ist die beste und schönste in meinem Leben.“

Wer übertritt ...

Daß bei Moslems, die Christen werden, deren Familie jeden Kontakt zu ihnen abbricht, ist für die in Deutschland und der Schweiz tätigen Missionswerke der Normalfall. Todesdrohungen sind dagegen bisher eher ungewöhnlich. Beim Orientdienst (Wiesbaden) heißt es, es gebe zwar Schikanen der Familien, besonders wenn eine Frau Christin werde, der Mann aber Moslem bleibe, jedoch keine Morddrohungen. Erst wenn Ex-Muslime öffentlich evangelistisch tätig würden, komme es in einzelnen Fällen zu massiveren Drohungen. Beim Evangelischen Ausländerdienst (Dortmund) weiß man von einem Fall, wo ein Ex-Moslem nach Drohungen ins Ausland fliehen mußte. Erfahrung mit Konvertiten hat auch der Leiter des Missionshauses Bibelschule Wiedenest, Ulrich Neuenhausen. Auch er hält die Lebensgefahr für den Ausnahmefall. Gleichwohl reagierten Muslime besonders dann aggressiv, wenn das Ehrgefühl der Familie angegriffen wird. Es sei daher äußerst problematisch, wenn sich ein Familienmitglied einzeln bekehre. Eine größere Gefahr sieht Neuenhausen darin, daß die Kinder bei der Konversion einer Ehefrau vom Ehemann ins Heimatland zurückgebracht werden könnten.


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