'Mach mich zu einem deiner Tagelöhner'

7. Februar 2016 in Spirituelles


Könnte es sein, dass wir im Gleichnis vom barmherzigen Vater oft zwei wichtige Aspekte übersehen? Gastbeitrag von Stefan Fleischer


Grenchen (kath.net) „Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ (Lk 15,17-20)

Beim Betrachten der Barmherzigkeit Gottes lässt mir das Gleichnis vom barmherzigen Vater keine Ruhe. Könnte es sein, dass wir darin sehr oft zwei wichtige Aspekte übersehen? Ich denke an den Weg zur Barmherzigkeit Gottes einerseits und an die Gerechtigkeit andererseits.

Wenn wir den Ausschnitt aus dem Text so wie oben wählen, dann fällt uns schnell einmal auf, dass der Sohn drei Schritte machte, machen musste, um die Barmherzigkeit seines Vaters empfangen zu können. Es sind dies die Umkehr (da ging er in sich), das Bekenntnis (ich habe mich versündigt) und, was besonders oft überlesen wird, die Bereitschaft, die Konsequenzen seines Fehlverhaltens zu tragen (mach mich zu einem deiner Tagelöhner). Ohne diese drei Schritte wäre er wohl bei seinen Schweinen verhungert.

Heißt das nicht, dass auch wir immer wieder diese drei Schritte tun müssen, die Umkehr, das Bekenntnis und die Bereitschaft, die Konsequenzen zu tragen, wenn wir vernünftigerweise auf Gottes Barmherzigkeit vertrauen wollen? Und heißt das nicht, dass wir auch unseren Mitmenschen diese drei Schritte immer wieder ans Herz legen – nicht befehlen – müssen, wenn wir auch ihnen zur Barmherzigkeit Gottes verhelfen wollen?

Manchmal frage ich mich dann auch nach dem Fortgang der Geschichte, nach dem, was nicht mehr erzählt wird. Wenn ich sehe, wie dieser Sohn bereit war, die Konsequenzen seiner Tat zu tragen, so könnte ich mir gut vorstellen, dass er, als er sich bei seinem Vater bedankte, auch in etwa gesagt hat: „Aber wir dürfen meinen Bruder dadurch nicht benachteiligen. Was ich bezogen habe, ist bezogen. Spätestens bei der definitiven Erbteilung muss das dann verrechnet werden.“ Dass der Vater dann eine für alle befriedigende, gerechte Lösung des Problems gefunden haben wird, daran ist nicht zu zweifeln.

Dass Gott eine solche Lösung auch dort finden wird, wo ich selber andere geschädigt habe und er mir verzeiht (und natürlich auch dort, wo andere mich geschädigt habe und er verzeiht) das ist mein Vertrauen in Gottes Gerechtigkeit, welches dann wiederum die Kraft schenkt, mich zu bemühen, anderen zu vergeben einerseits und Gottes Barmherzigkeit in Dankbarkeit anzunehmen, auch dort, wo er die Folgen meiner Sünden in seiner Gerechtigkeit nicht einfach wegwischen kann.

kath.net-Buchtipp:
Gottesbeziehung heute
Gedanken und Erfahrungen
Von Stefan Fleischer
Taschenbuch, 184 Seiten
2015 BoD
ISBN 978-3-7392-0045-3
Preis 15.50 EUR

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