Der «Superstar»

3. Februar 2016 in Weltkirche


Am Mittwoch trafen die Reliquien des Heiligen Pater Pio in Rom ein. Von Stefanie Stahlhofen (KNA)


Rom (kath.net/KNA) Er wurde sehnsüchtig erwartet: Der gläserne Schrein, der die Reliquien von Pater Pio (1887-1968) enthält, sollte am Mittwochnachmittag in der römischen Kirche San Lorenzo fuori le Mura ankommen. Gemeinsam mit den Reliquien von Leopold Mandic (1866-1942), der allerdings weniger bekannt ist. In zwei Kirchen haben die Gläubigen zunächst Gelegenheit zur Verehrung. Am Freitag werden die Reliquien der Kapuzinerpater in feierlicher Prozession in den Petersdom überführt. Sie sind zum ersten Mal in Rom. Italienische Medien titeln «Padre Pio Superstar» und rechnen für die nächsten zehn Tage mit bis zu 70.000 Pilgern. Wer sind die beiden Heiligen und warum lässt Papst Franziskus grade ihre Reliquien zum Heiligen Jahr nach Rom bringen?

Pater Pio ist in Italien so bekannt, dass es einen nach ihm bekannten Fernsehsender gibt. Dort zu sehen immer wieder der gläserne Schrein, in dem die sterblichen Überreste des Heiligen liegen: in eine dunkle Kutte gehüllt; das Gesicht mit einer Silikonmaske überdeckt, die Pater Pio so zeigt, wie er auf vielen Heiligenbildern zu sehen ist: mit langem, grauen Bart.

Geboren wurde er 1887 als Francesco Forgione in Pietrelcina, östlich von Neapel. Mit 15 trat er in den Kapuzinerorden ein, nahm den Ordensnamen Bruder Pio an und wurde später zum Priester geweiht; von 1916 bis zu seinem Tod lebte er im Kapuzinerkonvent iom süditalienischen San Giovanni Rotondo. Vor allem als Beichtvater zog er schon bald die Massen an.

Als sich an seinem Körper die Wundmale Jesu zeigten, wurde Pater Pio über den Konvent hinaus bekannt. Zahlreiche Heilungswunder und Bekehrungen machten ihn weltweit bekannt. Die Echtheit der Stigmata war umstritten; Kritiker warfen ihm Scharlatanerie vor. Auch im Vatikan. Dieser verbot dem Kapuziner 1922 öffentliche Auftritte und Gottesdienste. Später wurde das Urteil abgemildert. Nach einem Spenden-Skandal geriet er erneut unter Beobachtung. Bis zu seinem Tod schwankte der Vatikan zwischen Misstrauen und Sympathie.

Der Umschwung kam mit Papst Johannes Paul II. (1978-2005). Er hatte lange vor seiner Papstwahl mehrmals Kontakt zu dem Charismatiker. Als junger Mann beichtete er bei ihm; später schrieb er die Heilung einer Freundin Pios Fürsprache zu. 2002 sprach der Papst den einst so umstrittenen Pater heilig. «Sicher, zu Lebzeiten ließen ihn einige in Rom leiden, aber seine Heiligkeit hat gesiegt», so Kurienerzbischof Rino Fisichella, Chef-Organisator des Jubiläumsjahres. Unter den römischen Maßregelungen hatte die wachsende Verehrung im Volk ohnehin nie gelitten.

Der Kroate Leopold Mandic trat mit 18 in Italien den Kapuzinern bei und wurde ebenfalls Priester. Ursprünglich wollte er sich in seiner Heimat für die Ökumene einsetzen. Auf Wunsch seiner Oberen blieb er jedoch in Italien und starb 1942 in Padua.

Wie Pater Pio widmete sich Leopold besonders der Beichte: Fast 30 Jahre lang soll er zehn bis 15 Stunden täglich die Beichte gehört haben. Einige Mitbrüder warfen ihm vor, er gehe dabei zu lasch vor und erteile die Absolution zu leichtfertig. Die Wundmale, die sich auch bei ihm zeigten, waren ebenso umstritten wie bei Pio. Nicht jedoch seine Wundertätigkeit: Johannes Paul II. sprach ihn am 16. Oktober 1983 heilig.

Zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit kommen die Reliquien der beiden Kapuziner nun erstmals nach Rom - auf Wunsch des Papstes, so Fisichella, der auch Präsident des päpstlichen Neuevangelisierungsrates ist. Papst Franziskus hat die beiden Heiligen zu Patronen des Jubiläumsjahres der Barmherzigkeit erklärt. Fisichella sagte, die Beichtseelsorger seien herausragende Beispiele für Barmherzigkeit. Franziskus wolle so ein «außergewöhnliches Zeichen» setzen.

Dazu passt, dass der Papst die traditionelle Aschermittwochs-Liturgie in diesem Jahr nicht wie gewohnt in der Basilika Santa Sabina leitet, sondern die Messe in den Petersdom verlegt hat. So wird das Aschenkreuz als Zeichen der Buße den Gläubigen in unmittelbarer Nähe zu den gläsernen Reliquienschreinen auf die Stirn gezeichnet.

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