Flüchtlingswelle: Ex-Bundestagspräsident Thierse warnt vor Naivität

21. Jänner 2016 in Deutschland


Thierse: Je mehr kommen, desto schwieriger wird die Integration - Integration ist eine doppelte Aufgabe: „Die Flüchtlinge sollen heimisch werden in einem fremden Land. Die Einheimischen dürfen aber nicht fremd werden im eigenen Land.“


Magdeburg (kath.net/idea) Vor Naivität angesichts der anhaltenden Flüchtlingswelle hat der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) gewarnt. Je mehr Zuwanderer nach Deutschland kämen, desto schwieriger werde deren Integration, sagte der Katholik am 18. Januar im Magdeburger Dom. Er sprach auf Einladung der Domgemeinde und des Vereins „Verantwortung und Werte“ über das Gleichnis von den Vögeln unter dem Himmel und den Lilien auf dem Felde (Matthäus 6,26-34). Christen seien angesichts der anhaltenden Flüchtlingswelle besonders herausgefordert. Denn nach dem christlichen Menschenbild sei jeder Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen und habe deshalb auch die gleiche Würde. Wie Thierse vor den rund 80 Besuchern betonte, ist Integration jedoch eine doppelte Aufgabe: „Die Flüchtlinge sollen heimisch werden in einem fremden Land. Die Einheimischen dürfen aber nicht fremd werden im eigenen Land.“ Der Politiker äußerte Verständnis dafür, wenn Deutsche sich um die Zukunft sorgten: „Aber die Artikulation von Ängsten ist etwas anderes als Hetze und Hass.“

„Die wichtigste Droge von Politikern ist die der Aufmerksamkeit“

Im Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium sieht Thierse eine „Absage an die Kultur des Habens“. Es rege an, sich materiell zu bescheiden. Das Gleichnis sei eine Einladung zur Gelassenheit und dazu, sich freizumachen von der Selbstüberschätzung und der Selbstüberforderung, alles selbst tun zu können oder zu müssen. Das sei besonders für Politiker eine heilsame Botschaft: „Die wichtigste Droge von Politikern ist die Aufmerksamkeit.“ Thierse warnte davor, Politik als Karrierefeld zu betrachten: „In die Politik sollte man gehen, weil man den Ehrgeiz hat, etwas verändern zu wollen.“ Der Verein „Verantwortung und Werte“ will dazu beitragen, die im Grundgesetz und in der Bibel verankerten Grundlagen menschlichen Zusammenlebens bekannt und bewusstzumachen. Geschäftsführer ist Pastor Thorsten Moll.


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