Wie viele Arme haben Sie eigentlich, Frau Reker?

6. Jänner 2016 in Kommentar


Frau Henriette Reker, als Kölner Oberbürgermeisterin geben Sie nach dem Desaster auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht Frauen ungeniert Sicherheitsratschläge. Vertreten Sie das ernsthaft? Ein Zwischenruf von Petra Lorleberg


Köln (kath.net/pl) Frau Henriette Reker, als Kölner Oberbürgermeisterin geben Sie nach dem Desaster auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht Frauen ungeniert Sicherheitsratschläge. Nun schlägt Ihnen aus dem Internet eine Welle der Empörung entgegen, meines Erachtens nicht nur zu Unrecht. Es muss für eine Frau gefahrlos möglich sein, am Kölner Hauptbahnhof unter den Augen der Polizei die öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen – auch allein, auch nachts! Es ist Aufgabe unseres Staates – auch Ihrer Kommune! - hier für Sicherheit zu sorgen.

Sie sind vielleicht noch zu frisch im Amt, um für die mangelhafte Sicherheitssituation auf der Domplatte die volle Verantwortung übernehmen zu müssen – doch seien Sie vorsichtig: Dieser Joker sticht nur dieses eine Mal. Und er berechtigt Sie nicht, die Verantwortung weiterzugeben – und obendrein an die Falschen!

Ihre Sicherheitshinweise für Frauen beinhalten konkrete Opferschelte. Also jene 90 Frauen, die inzwischen Strafanzeige gestellt haben, und jene anderen, die noch zu traumatisiert sind, um mit der Polizei zu sprechen, die haben etwas falsch gemacht? Die haben die Männer nicht auf Armlänge von sich weggehalten? Vertreten Sie dies ernsthaft?

Frau Reker, ich hoffe ja umgekehrt sehr, dass man Ihnen nach dem völlig verabscheuungswürdigen Messerattentat (das mich seinerzeit äußerst entsetzt hat!) auf Sie Ihnen nicht ebenfalls geraten hat: Halten Sie Männer auf eine Armlänge Sicherheitsabstand. Ich hoffe sehr, dass man Ihnen nicht in großer Selbstgefälligkeit erklärt hat: Politiker haben nun mal ein höheres Sicherheitsrisiko, am besten unterlassen Sie deshalb öffentliche Auftritte und Wahlveranstaltungen. Denn um das klar zu sagen: Wer sich ändern muss, sind nicht die Opfer. Sondern die Täter!

Und nein: Wir Frauen wollen in Zukunft nicht nur im Rudel auftreten oder uns womöglich in weite lange Gewänder hüllen müssen, um uns vor ungezügelten männlichen Trieben zu schützen, diese Logik ist grundfalsch!

Wo ja obendrein auf der Domplatte nicht einmal bewaffnete und speziell ausgebildete Polizei das Desaster in den Griff bekommen hatte – man bemerke: die unruheverbreitende Männergruppe bestand aus etwa 1000 Personen. Nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ waren 143 Polizeibeamte am Hauptbahnhof, außerdem seien 70 Bundespolizisten vor Ort gewesen, darunter Spezialeinheiten. Falls diese Angaben alle korrekt sind, bedeutet dies: Es kamen circa jeweils nur vier potentielle Unruhestifter auf je einen bewaffneten und im Nahkampf ausgebildeten Polizisten – und die Polizei musste de facto kapitulieren. Da helfen keine braven Sicherheitstipps für Frauen mehr. Frau Reker, das auf der Domplatte war kein Ponyhof!

Aber falls dies alles Sie nicht überzeugt, bitte ich nur noch um eines: Können Sie mir erklären, wie man als Frau eine Armlänge Abstand halten kann, wenn man von mehreren Männern umringt wird, die die eigene Individualdistanz gezielt unterschreiten und einen sexuell belästigen? Wie viele Arme haben Sie eigentlich, Frau Reker?

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Vergleiche dazu auch den Kommentar in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Übergriffe in Köln – Frauen, versteckt euch!“.


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