Marx: 'Warum bin ich überhaupt Christ? Möchte ich Christ bleiben?'

1. Jänner 2016 in Deutschland


Kardinal Marx lädt in Silvesterpredigt ausdrücklich dazu ein, „in diesen unruhigen Zeiten den Blick neu auf das Zentrum des Glaubens zu richten, uns neu zu vergewissern, was wir einzubringen haben in diese Gesellschaft und Kultur“.


München (kath.net/pem) Nach Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx (Foto) ist nicht Angst die Botschaft des Jahreswechsels, sondern Hoffnung. „Viele Sorgen sind berechtigt, aber unsere Hoffnung ist größer“, sagte der Erzbischof von München und Freising, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, in seiner traditionellen Silvesterpredigt im überfüllten Münchner Liebfrauendom am Donnerstag, 31. Dezember. Gerade die Christen hätten in dieser „turbulenten Zeit“ besondere Verantwortung, weil sie eine neue Hoffnung in die Gesellschaft tragen könnten.

Der Kardinal lud ausdrücklich dazu ein, „in diesen unruhigen Zeiten den Blick neu auf das Zentrum des Glaubens zu richten, uns neu zu vergewissern, was wir einzubringen haben in diese Gesellschaft und Kultur“. Unkenrufen, wonach die Säkularisierung unumkehrbar sei und immer weniger Menschen Freude am Glauben hätten, erteilte Marx eine Absage. „Die Renaissance des christlichen Glaubens ist selbstverständlich möglich, aber nicht als Restauration, sondern als Wiederentdeckung, als frisches Hinschauen auf den Glauben“, zeigte er sich überzeugt. Auch Papst Franziskus unterstreiche immer wieder, dass es wirklich Zeit für eine neue Evangelisierung sei. Gerade in einer offenen, pluralen Gesellschaft stelle sich die Frage: „Warum bin ich überhaupt Christ? Und: Möchte ich Christ bleiben?“

Der christliche Glaube ermögliche den Blick auf die Universalität der Menschheit, Rassismus habe in ihm keinen Platz. „Die christliche Botschaft ist keine Botschaft gegen jemanden, sondern die große Botschaft der einen Menschheitsfamilie“, so Marx: „Wir gehören zusammen als eine Familie von Brüdern und Schwestern Jesu, und die Armen, Schwachen und Bedrängten gehören dazu.“

Zum Christentum gehöre die Botschaft vom Ende der Gewalt. „Wir müssen Wege finden, die Gewalt zu überwinden und den Krieg endgültig zu ächten“, erklärte der Kardinal. Er appellierte an die Gläubigen, „mitzuhelfen, dass das große christlich geprägte Friedensprojekt Europa nicht zugrunde geht“. Dazu gehöre, dass die EU-Außengrenzen keine „Todesfallen“ seien und dass die Menschen zusammengeführt würden. „Integration ist eine große Herausforderung, als Kirche wollen wir helfen. Je mehr Menschen sich begegnen, umso weniger Hass wird sein“, sagte Marx: „Wenn nicht wir Christen glauben, dass Menschen verschiedener Kulturen zusammenleben können, wer sollte das sonst einbringen?“

Foto Kardinal Marx (c) Erzbistum München und Freising


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