Frau Pastor und ihre Frau

19. November 2015 in KNA


Homo-Ehe im Pfarrhaus - das ist noch alles andere als eine Selbstverständlichkeit.


Homo-Ehe im Pfarrhaus - das ist noch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Eine MDR-Fernsehdokumentation zeigt Alltag und Probleme von gleichgeschlechtlichen Paaren in der evangelischen Kirche.

Leipzig (KNA) Der Umgang der Kirchen mit Lesben und Schwulen ist nicht immer konfliktfrei. Grundsätzlich sind sie in vielen Pfarrgemeinden willkommen. Schwieriger wird es bei der Frage nach Segnungen von homosexuellen Paaren. Die katholische Kirche lehnt sie ab, in vielen evangelischen Landeskirchen hingegen ist sie möglich. Doch mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Pfarrhäusern tun sich auch bei den Protestanten manche Gemeindemitglieder und Kirchenleitungen schwer.

Die MDR-Reihe «Nah dran» geht am Donnerstag ab 22.35 Uhr mit der halbstündigen Fernsehdokumentation «Mein Gott, ich bin homosexuell»
dem Thema nach. Der Film von Anja Krußig und Nora Große Harmann porträtiert zwei betroffene Paare aus Sachsen. Sie müssen sich persönlich oder in ihrem Amt mit diesem Thema auseinandersetzen, nicht zuletzt auch gegenüber ihrem Arbeitgeber, dem Landesbischof.

2010 hatte die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beschlossen, dass es schwulen und lesbischen Pfarrern und Pfarrerinnen erlaubt sein soll, mit den jeweiligen Lebenspartnern im Pfarrhaus zusammenzuwohnen. Viele der insgesamt 20 Landeskirchen haben diese Regelung übernommen. Die sächsische machte jedoch 2012 unter dem damaligen Landesbischof Jochen Bohl eine Einschränkung: Die Homo-Ehe im Pfarrhaus kann nur in Ausnahmefällen nach ausdrücklichem Gemeindebeschluss geduldet werden.

Es ist ein Kompromiss, der weiterhin für Diskussionen sorgt. Sachsens neuer evangelischer Bischof Carsten Rentzing sagte erst am vergangenen Wochenende bei der Landessynode, es sei immer noch nicht «konsequent durchbuchstabiert», was in der Praxis der Beschluss bedeute, Befürwortern wie Gegnern einer homosexuellen Lebensweise in der Landeskirche «Raum und Schutz» zu gewähren.

Rentzing selbst sieht Homosexualität nicht von der Bibel legitimiert: «Die Bibel sagt, dass die homosexuelle Lebensweise nicht dem Willen Gottes entspricht.» Das mache es ihm persönlich schwer, jemandem zu raten, dass er seine Homosexualität leben solle. Er sei gegen eine uneingeschränkte Zulassung homosexueller Partnerschaften im Pfarrhaus, um nicht das Signal zu setzen, dass Gott «die homosexuelle Lebensweise für die Bestimmung dieser Menschen hält», so der Bischof.

Wie denken Ulrike Franke und ihre Frau darüber? Beide sind Pfarrerinnen und geben in dem MDR-Film Einblicke in ihr Leben. Eine Einstellung zeigt Franke beim Gebet. Jeden Tag möchte sie Gott nahe sein, das erfüllt sie. Auch für ihre Partnerin gehört das Gespräch mit Gott selbstverständlich zum Alltag. Sie wussten, dass es schwierig wird, als sie sich vor 25 Jahren beim Theologiestudium ineinander verliebten.

Erst lebten sie ihre Liebe heimlich, dann in einer Fernbeziehung. Nach einigen Jahren wollte das lesbische Paar zusammenleben, unter dem Dach des Pfarrhauses. Das war in Sachsen nicht möglich. Deshalb verließ Franke die Gemeinde im Vogtland. Sie wechselte den Job, aber hält die Augen offen: Wird eine Pfarrstelle in ihrer Gegend frei, will sie sich erneut bewerben.

Markus und Paul Raschka aus Dresden wissen ganz genau, welche Aufregung ausbricht, wenn man sich als schwul outet - besonders, wenn man lange Jahre verheiratet war und Kinder groß zog. «Gott hat mich so gemacht, er weiß es doch», sagt Markus heute. Der Sohn eines Pfarrers geht mit seiner sexuellen Neigung offen um.

In der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) kämpft Raschka für die Rechte schwuler, lesbischer und transsexueller Christen. Er kennt die Diskrepanz, die sich mitunter zwischen landeskirchlichem Beschluss und Realität auftun: «Wenn ein Kirchenvorstand beschließt, wir wollen so bibeltreu sein, dass wir mit einem Schwulen nicht zusammenarbeiten, dann kann tatsächlich niemand etwas dagegen machen.»

Unter der Woche arbeitet Raschka im evangelischen Kirchenamt, am Sonntag als Küster vor den Gottesdiensten. In seiner Kirchengemeinde fühlt sich der 58-Jährige zu Hause, aller Diskussion um Homo-Ehe zum Trotz.

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