Wenn man nach einer Pressekonferenz weniger weiß als vorher

19. November 2015 in Kommentar


Gastkommentar von Dechant Ignaz Steinwender zur Familiensynode und einer Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz


Salzburg (kath.net)
Zum Abschluss der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz trat Kardinal Schönborn mit einer Stellungnahme vor die Presse (siehe kath.net vom 13. November), die mehr verunsicherte und irritierte als dass sie Aussagen voll Klarheit und Wegweisung enthielt. Besonders die Ausführungen über die am 25. Oktober zu Ende gegangene Bischofssynode über Ehe und Familie durften mit Spannung erwartet werden, sind doch die einfachen Gläubigen mangels schriftlicher Belege (es liegt ja nicht einmal das Abschlussdokument in deutscher Sprache vor und die Synodenbeiträge durften entgegen der bisherigen Gepflogenheit nicht veröffentlicht werden) vollends auf die subjektiven Berichte der teilnehmenden Bischöfe angewiesen.

Gelobt wurde von den österreichischen Bischöfen vor allem das klare Ja zu Ehe und Familie, welches für all jene, die auch nur im entferntesten mit der kirchlichen Lehre vertraut sind, keine wirkliche Überraschung ist. Hätten die Bischöfe bisher ihre Hausaufgaben gemacht und die Schätze vieler lehramtlichen Dokumente wie Humanae Vitae, Familiaris Consortio, Evangelium Vitae, sowie die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. mit echtem Eifer weitergegeben, anstatt sie Großteils den Gläubigen vorzuenthalten, wäre dieses Ja auch in der Praxis erkennbar.

Anstatt mit konkreten Ergebnissen wird man mit orwellschem Neusprech konfrontiert, wenn es beispielsweise heißt, dass der „Mehrwert“ des Heiligen Geistes einen Schritt weiterführe im Antworten auf die „Zeichen der Zeit“. Was das nun genau bedeuten soll, bleibt rätselhaft. Es scheint als würde die viel beschworene neue Sprachfähigkeit jedenfalls nicht dafür verwendet, irgendwelche Inhalte zu transportieren, sondern vielmehr dazu gebraucht, mit vielen Worten nichts zu sagen - vor allem nichts Verurteilendes. Gerade so als hätten wir in der jüngsten Kirchengeschichte ein Zuviel an Verurteilung erlebt und nicht ein Zuwenig an brüderlicher Zurechtweisung und Unterscheidung der Geister. Das selbst auferlegte Gebot „Du sollst nicht urteilen“ gilt jedoch selbstverständlich nicht, wenn es um abwertende und kritische Äußerungen von Kirchenmännern über Humanae Vitae geht, deren Bedeutung Bischof Elbs wenige Monate nach seiner Weihe relativiert hat. Es scheint auch nicht für Bekenner zu gelten, die Anstoß am Zeitgeist erregen und dem Anpassungskatholizimus ein Dorn im Auge sind.

Kardinal Schönborn wollte offenbar auch nicht darauf verzichten, seine Gradualitätstheorie ins Spiel zu bringen, wenn er davon berichtet, dass auch auf unvollkommene Formen des Zusammenlebens ein wohlwollender Blick geworfen wurde. Wie sehr sehnt man sich in solchen Momenten nach der unnachahmlich pointierten Klarheit von Papst Johannes Paul II, der Jugendlichen ganz unverblümt sagte, man könne nicht auf Probe leben, nicht auf Probe lieben und nicht auf Probe sterben.

Die Art der Befragungen im Vorfeld der Synode, die den völlig irrigen Eindruck vermittelten, über Wahrheit und Lehre könne man demokratisch abstimmen, die zum Teil sehr knappen Abstimmungsergebnisse bei der Synode und der Eindruck eines Kompromisses werden die Kirche weiter schwächen.

Wie wird also die Stellungnahme der Bischöfe aufgenommen werden oder worden sein, falls sie überhaupt an den Mann oder die Frau gelangt ist? Jene Priester und engagierten Laien, die mutig und mit Seeleneifer (gegen den Zeitgeist und gegen das innerkirchliche Establishment) die authentische Lehre der Kirche verkünden, werden sich wie bisher im Regen stehen gelassen fühlen und enttäuscht sein, weil sie keine Ermutigung und Bestärkung erfahren. Jene, die sich durch von Medien und auch von Bischöfen geschürten falschen Erwartungen Hoffnungen auf Veränderungen der Lehre gemacht haben, werden ebenfalls eine Enttäuschung erleben, die ein Abdriften von der Kirche begünstigen wird. Die vielen Ehepaare, die sich im Alltag mit all den Schwierigkeiten abmühen, werden mit diesen leeren Worthülsen (neue Sprachfähigkeit) kaum etwas anfangen können. Dem großen Heer von Scheidungswaisen und den vielen gebrochenen Beziehungen wird dieser euphorische Bericht ebenfalls nicht dienen können.

Es stellt sich überhaupt die Frage: Ist der Stellungnahme der österreichischen Bischöfe ein Bericht von der Weltbischofssynode oder mehr ein Bericht vom deutschsprachigen Zirkel, von jenem Zirkel, dessen Repräsentanten eine von Niedergangssymptomen und Auflösungserscheinungen gekennzeichnete Ortskirche vertreten, die sich zugleich anmaßt, lebendigen, aufblühenden Ortskirchen, ja der ganzen Weltkirche ihre Sicht aufzudrücken?

Es ist zu befürchten, dass es nicht auf den Text der Synode ankommen wird, sondern darauf, was manche daraus machen werden. Die Erklärung, dass die Synode eine Tür geöffnet habe, weckt angesichts dessen, was jeder nüchterne Beobachter erkennen muss, Assoziationen zur Büchse der Pandora. Der Hinweis, dass noch nichts abgeschlossen sei, lässt befürchten, dass im sicher hervorragenden Text einige von deutschen Teilnehmern eingebrachte Aufhänger enthalten sein könnten, die dazu dienen sollen, später zu verwirklichen, was diese nicht durchgebracht haben. Also nichts Neues unter der Sonne, wenn man an Aussagen in Bezug auf Konzilstexte denkt.

Die Glorifizierung der „gelebten Synodalität“ in der Stellungnahme der österreichischen Bischöfe kann nicht über eine tiefe innerkirchliche Spaltung hinwegtäuschen, die bei der Synode mehr als offensichtlich wurde. Der irische Moraltheologe und Ratzingerschüler Vincent Twomey betonte bereits 2007 in einem Interview, dass die Krise der europäischen und dabei vor allem der deutschsprachigen Kirche, die Krise von Ehe und Familie nur überwunden werden könne, wenn die Kirche die Enzyklika Humanae Vitae in ihrer Gesamtheit annehme, also den ihr anvertrauten Menschen endlich den Weg zum Heil nicht weiter vorenthalte.


Ignaz Steinwender ist Dechant in Zell am Ziller in der Erzdiözese Salzburg. Seine Pfarre zählt zu den lebendigsten Pfarren in ganz Österreich. Seit August 2015 gibt es in der Pfarre sogar eine 24-Stunden-Anbetung, an der sich rund 200 Menschen beteiligen.


© 2015 www.kath.net