Protest gegen EU-Beschluss: 'Schlag ins Gesicht' von Israelis

13. November 2015 in Aktuelles


Israelische Siedlerprodukte müssen künftig gekennzeichnet werden - Außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, kritisiert: Das wird voraussichtlich für israelfeindliche Kampagnen instrumentalisiert.


Jerusalem/Berlin (kath.net/idea) Proteste hat der Beschluss der EU-Kommission ausgelöst, dass israelische Siedlerprodukte aus dem Westjordanland, Ostjerusalem und von den Golanhöhen künftig besonders gekennzeichnet werden müssen. Die Verbraucher in den 28 EU-Mitgliedsstaaten sollen entscheiden können, ob sie Obst, Gemüse und Kosmetika „aus den durch Israel seit Juni 1967 besetzten Gebieten“ kaufen wollen, lautet die Begründung für die am 11. November verkündete Anordnung. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte sich empört und sagte zahlreiche Treffen mit EU-Diplomaten ab. Europa solle sich schämen, weil mit zweierlei Maß gemessen werde. Bei anderen umstrittenen Gebieten, die als „besetzt“ gelten, etwa die West-Sahara, Tibet und Zypern, verlangten die Europäer keine Kennzeichnungspflicht. Regierungsvertreter wiesen außerdem darauf hin, dass Palästinenser, die in israelischen Firmen in den Siedlungen arbeiteten, die Hauptbetroffenen von möglichen Exportrückgängen seien. Beispielsweise beschäftigten 21 jüdischen Siedlungen im Jordantal rund 10.000 Palästinenser.

CDU/CSU: Kein Fortschritt für den Verbraucherschutz

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, kritisiert ebenfalls die Maßnahme der EU-Kommission. Die Entscheidung entspreche zwar formalem Recht, sie bedeute aber keinen Fortschritt für den Verbraucherschutz. Voraussichtlich werde sie für israelfeindliche Kampagnen instrumentalisiert. Einzelhandelsketten könnten nun unter Kampagnendruck geraten und generell darauf verzichten, Produkte aus dem Westjordanland oder Ost-Jerusalem in ihrem Sortiment zu führen.

„Zurück zu den dunklen Zeiten“?

Der Gründer und Direktor der „Europäischen Koalition für Israel“ (ECI), Tomas Sandell (Helsinki), wirft der EU-Kommission vor, Europa nur einen Tag nach dem 77. Jahrestag der Reichspogromnacht „an seine dunklen Zeiten zurückzuführen“. Sandell zufolge darf Europa nicht radikale Gruppen nachgeben, die Israel isolieren wollen. Die neue Richtlinie fördere nicht Frieden und Zusammenarbeit, sondern Trennung und Feindseligkeit. Angesichts der zunehmenden Gewalt im Nahen Osten sollte die EU Israel als das einzige Land in dieser Region unterstützen, das ihre demokratischen Werte teilt, so Sandell. Die seit 2004 bestehende ECI – sie ist bei der EU akkreditiert und von den Vereinten Nationen anerkannt – versteht sich als eine gesamteuropäische christliche Basisbewegung zur Unterstützung Israels. Die Organisation finanziert sich durch Spenden.

Israelfreunde sollen Siedlerprodukte kaufen

Der Vorsitzende des Evangeliumsdienstes für Israel (EDI), Pfarrer Johannes Luithle (Schömberg/Nordschwarzwald), sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, dass Israelfreunde jetzt gezielt landwirtschaftliche Erzeugnisse und Kosmetika aus israelischen Siedlungen kaufen könnten. Denn damit unterstützten sie nicht nur die jüdische Bevölkerung, sondern auch die Bewohner der Palästinensergebiete. Ein Boykott dieser Produkte helfe keinem weiter. Vor allem lasse sich auf diesem Weg keine politische Lösung erzwingen. Für Israelis sei der EU-Beschluss „ein Schlag ins Gesicht“. Allein das Wort „Boykott“ rufe Erinnerungen an die Zeit des Nationalsozialismus wach.

EU soll Zusammenarbeit von Juden und Palästinensern fördern

Nach Ansicht der Internationalen Christlichen Botschaft in Jerusalem schwächt die EU den Willen zur friedlichen Koexistenz. „Wenn die EU wirklich Frieden fördern will, sollte sie aufhören, jene Israelis und Palästinenser zu bestrafen, die gemeinsam ihren Lebensunterhalt verdienen wollen“, erklärte Direktor Jürgen Bühler gegenüber idea. Sie solle sich an ihre eigenen Grundwerte, etwa Freihandel und offene Grenzen, erinnern, anstatt sich an der Vertreibung von Juden aus Judäa und Samaria zu beteiligen. Besser wäre es, stärkere Anreize für die Zusammenarbeit von Juden und Palästinensern zu schaffen.

Rabbiner verurteilen antisemitischen Beigeschmack

Nach Angaben des christlichen Nachrichtendienstes NAI (Jerusalem) verurteilt auch die Konferenz der Europäischen Rabbiner die Entscheidung der EU-Kommission. Bei einem Treffen in Athen erklärten sie, der Vorgang habe einen antisemitischen Beigeschmack. Die Rabbiner sprachen von einer „Schande“, die durch Hass auf den jüdischen Staat motiviert sei.


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