Kardinalstaatssekretär Parolin: Enthüllungen nicht überbewerten

12. November 2015 in Aktuelles


Parolin gegenüber Radio Vatikan: Dokumentenweitergabe ein Angriff auf die Kirche, der aber auch positive Folgen haben kann - Medien übertreiben Widerstände gegen Papst-Reformen


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin (Foto) hat davor gewarnt, die Hintergründe der jüngsten Enthüllungen über Misswirtschaft und Geldverschwendung im Vatikan überzubewerten. Es gebe an der Kurie zweifellos Widerstände gegen die Reformen von Papst Franziskus, die das normale Maß überstiegen, gab ihn Radio Vatikan am Mittwoch wider. Sie als "krankhaft" zu bewerten, sei jedoch übertrieben. Derzeit beobachte er diesbezüglich eine gewisse Hysterie in der Berichterstattung.

Die Weitergabe geheimer vatikanischer Dokumente bezeichnete der Kardinalstaatssekretär als Angriff auf die Kirche, der aber auch positive Folgen haben könne, wenn er konstruktiv angegangen werde und zu einem Geist der Umkehr führe. Im Grunde hätten alle an der Kurie den Wunsch nach Veränderungen zum Besseren. Diese seien jedoch angesichts einer Trägheit im Alltag oft schwer umzusetzen, so die Nummer zwei des Vatikan.

In der vergangenen Woche waren zwei Skandalbücher von italienischen Enthüllungsjournalisten erschienen, die auf vertraulichen Dokumenten einer vatikanischen Wirtschaftskommission beruhen. Die aufgedeckten Missstände, die unter anderem die Veruntreuung von Millionensummen im Vatikan und in dessen Umfeld nahelegen, beziehen sich auf die Jahre vor 2014. Daraus geht hervor, dass Franziskus entschlossen an einer Umstrukturierung und größerer Transparenz der Vatikan-Finanzen arbeiten will. Papst Franziskus hatte bei seinem Angelus-Gebet am Sonntag öffentlich bekräftigt, er werde die Reformen an der Kirchenspitze weiterführen.

Kurz vor Veröffentlichung der Bücher hatte der Vatikan zwei Verdächtige wegen des Verdachts auf Dokumentendiebstahl festnehmen lassen: den spanischen Priester und Sekretär der Präfektur für wirtschaftliche Angelegenheiten des Heiligen Stuhls, Lucio Angel Vallejo Balda, und die italienische PR-Fachfrau Francesca Chaouqui. Sie befindet sich inzwischen wieder auf freiem Fuß, gilt aber weiterhin als verdächtig.

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