US-Präsidentschaftskandidaten: Evangelikaler erstmals in Umfragen vorn

2. November 2015 in Aktuelles


Der Neurochirurg Ben Carson lässt den Immobilienmogul Donald Trump hinter sich


New York/Boulder (kath.net/idea) Der ehemalige Neurochirurg Ben Carson (Baltimore, US-Bundesstaat Maryland) liegt erstmals in einer Umfrage zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur vorn. Einer gemeinsamen Umfrage des TV-Senders CBS News (New York) und der Tageszeitung „New York Times“ zufolge sprechen sich derzeit rund 26 Prozent für Carson aus. Der New Yorker Immobilienmogul Donald Trump, der monatelang in den Umfragen die Nummer eins war, landete mit rund 22 Prozent auf dem zweiten Platz. Insgesamt wurden 575 Wähler befragt.

Carson: Klassisches Eheverständnis ist nicht homophob

Aufgrund dieser Spitzenposition nahm Carson neben Trump am 28. Oktober den Platz in der Mitte des Podiums der dritten Fernsehdebatte der zehn führenden republikanischen Kandidaten an der Universität von Colorado in Boulder ein. Dort fragte ihn die Moderatorin nach seinem Engagement als Vorstandsmitglied für ein Unternehmen, das sich besonders für die Rechte homosexueller Mitarbeiter einsetzt. Dazu erklärte Carson: „Ich glaube, die Ehe besteht aus einem Mann und einer Frau. Das hat nichts mit Homophobie zu tun.“ Die politische Korrektheit in den USA unterstelle, wer sich für die klassische Ehe ausspreche, beschneide die Rechte der Homosexuellen. Das sei bei weitem nicht so, die US-Verfassung garantiere die sexuelle Selbstbestimmung, so Carson.

Carson möchte Abtreibungen verbieten

Der 64-Jährige ist Mitglied der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Er sorgte mit seinen konservativen Positionen in den vergangenen Wochen immer wieder für Aufsehen. So verglich Carson in einem Interview mit dem Fernsehsender NBC News (New York) Abtreibung mit der Sklaverei. Im Hinblick auf das Recht werdender Mütter in den USA, abtreiben zu können, erklärte er: „Sklavenhalter dachten, sie hätten das Recht mit den Sklaven zu tun, was sie wollten. Wo wären wir heute, wenn die Gegner der Sklaverei damals gesagt hätten, wir halten zwar nichts von der Sklaverei, aber ihr könnt machen, was ihr wollt?“ Als Lebensschützer wolle Carson Abtreibung in den USA komplett verbieten lassen, auch nach einer Vergewaltigung oder im Falle von Inzest. Als Adventist legt Carson die Bibel wörtlich aus. Die Evolutionslehre lehnt er genauso ab wie die These vom menschgemachten Klimawandel. Homosexualität hält Carson für eine Entscheidung, nicht für angeboren. Wie er dem Nachrichtensender CNN (Atlanta/US-Bundesstaat Georgia) sagte, gehen Männer heterosexuell ins Gefängnis und kommen homosexuell wieder heraus.

Carson operierte die siamesischen Zwillinge Lea und Tabea Block aus Deutschland

Mit seinem Konkurrenten Trump lieferte sich Carson Wortgefechte über den Glauben. So unterstellte Carson Trump, er sei nicht gottesfürchtig und habe noch nie etwas über seinen Glauben gesagt. Später entschuldigte er sich dafür. Trump konterte auf einer Wahlkampfveranstaltung in Jacksonville (US-Bundestaat Florida), er sei Presbyterianer (reformierter Christ) und über die Adventisten wisse er nichts. Dafür forderte Carson wiederum eine Entschuldigung, die Trump bis heute ablehnt. In Deutschland ist Carson kein Unbekannter. 2004 operierte er die am Kopf zusammengewachsenen Mädchen Lea und Tabea Block aus Lemgo (Ostwestfalen-Lippe). Tabea starb nach der hochkomplizierten 30-stündigen Operation; Lea lebt mit ihrer Familie in Deutschland.


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