Muslimin bringt ihren einzigen Sohn zur katholischen Priesterweihe

20. Oktober 2015 in Weltkirche


Siti Asiyah erlebte einen ganz besonderen und freudigen Tag, als sie ihren einzigen Sohn zum Altar führte, damit er Priester wird. Eine wahre Begebenheit aus Flores, Indonesien - Große Fotostrecke - Ein Bericht von Pater Markus Solo SVD


Flores (kath.net) Die 58-jährige Siti Asiyah erlebte einen ganz besonderen Tag in ihrem Leben. Sie war überwältigt von großen Emotionen. Oft musste sie ihre Tränen abwischen; die Tränen der Freude.

Das passierte letzten Samstag, den 10. Oktober 2015, als ihr einziger Sohn, Robertus Belarminus Asiyanto (31), genannt Yanto, in der Kirche des Priesterseminars des Ordens der Steyler Missionare (SVD) gemeinsam mit 10 anderen Kandidaten zum römisch-katholischen Priester geweiht wurde. Sechs andere Kandidaten wurden in verschiedenen Orten geweiht.

Elf Elternpaare standen bereits vor dem Eingang der Kirche, in deren Mitte waren ihre Söhne. Jedoch konzentrierten sich die Blicke der Tausenden Anwesenden fast nur auf eine Frau, Siti Asiyah, die an dem feierlichen Tag ein schwarzes Kopftuch trug. Ein ungewöhnlicher Anblick, vor allem bei so einer Feier.

Die Einzugsprozession begann. Siti Asiyah begleitete ihren Sohn gemeinsam mit dem Adoptivvater, Herrn Fernandez, zum Altar. Gleichzeitig führten Musik, Tanz und Gesang die Menschen in die Feier ein. Immer mehr Aufmerksamkeit zog die muslimische Frau auf sich. Manche staunten. Manche waren gerührt. Manche hatten Fragen.

Der bewegendste Moment war kurz vor dem Weihritus. Wie alle anderen Eltern trat auch Siti Asiyah vor den Altar, legte ihre rechte Hand auf den Kopf ihres Sohnes, betete still in ihrem Herzen auf ihre Weise für ihren Sohn, übergab ihn Gott für ein geweihtes Leben und für die missionarische Arbeit. Die Gebete der Katholiken sind für sie anders. Aber sie glaubte fest daran, die verschiedenen Wege kommen alle zu Gott. Gott hört und versteht alles. Liebe macht alles möglich.

Pater Yanto SVD wurde in einer strengen muslimischen Familie geboren und aufgezogen. Seine beiden Eltern stammen aus der Insel Java. Vor 38 Jahren zogen beide Eltern nach Flores, eine kleine Insel in Südost-Indonesien mit fast 99% Katholiken. Nach der Geburt der jüngsten Tochter verschwand der Vater spurlos. Man spekulierte, er lebte vielleicht bis vor einiger Zeit auf der Insel Java, aber wolle mit der Familie aber nichts mehr zu tun haben. Die ältere Schwester vom P. Yanto ist Muslima, ihre jüngere Schwester ist katholisch. Die Mutter bleibt weiterhin Muslima.

Als Kind ging Yanto in West-Flores nur auf katholischen Schulen. Da ihre Mutter alle drei Kinder allein aufziehen musste, aber nur einen kleinen Kiosk hatte und die Einnahmen nicht genügten, half eine katholische Frau dem kleinen Yanto, bis er mit der Schule fertig war. Yanto lernte in den Schulen den katholischen Glauben kennen, und mit der Zeit war er immer mehr vertraut damit. Eines Tages, als er 15 Jahre alt war und in der dritten Klasse der Hauptschule, erzählte er seiner Mutter, dass er gerne katholisch werden möchte. Seine Mutter akzeptierte dies ohne Zögern und gab ihm einen einzigen Satz mit: „Mein Sohn, natürlich kannst du katholisch werden. Das einige, was ich möchte, ist: Dass du später ein gutes Leben führen kannst“.

Während der sechsjährigen Ausbildung im Steyler Priesterseminar in Mittel-Flores begleitete Siti Asiyah ihren Sohn mit ihren muslimischen Gebeten. Sie bat Gott jeden Tag darum, dass ihr Sohn eines Tages Priester werden könne, und wenn es möglich sei, wolle sie es noch erleben. Letztes Jahr, als Yanto ein Jahr unterbrechen musste, um über seinen Weg zu reflektieren, weil er persönliche Probleme hatte, war die Mutter unglücklich. Jeder Tag war für sie wie ein Monat.

Am Samstag der Priesterweihe antwortete sie dann lächelnd auf die Frage der Journalisten, wie sie sich fühle: „Ich bin heute so glücklich, dass mein Sohn endlich Priester geworden ist“. Auch die ältere und die jüngere Schwester von P. Yanto waren anwesend und drückten ebenfalls ihre große Freude aus. Bei einer anderen Gelegenheit sagte Siti Asiyah: „Glaube ist die eine Sache. Blutsverwandtschaft ist die andere. Auch wenn der Glaube verschieden ist, wohin du auch gehst, bleibt die Blutsverwandtschaft immer stark.“

Indonesien ist durch eine große religiöse Vielfalt gekennzeichnet. Die Mehrheit sind die Muslime (mehr als 86%, das ist etwa mehr als 200 Millionen). An der zweiten Reihe sind die Protestanten (rund 7 %, etwas mehr als 20 Millionen). Die dritte Stelle sind die Katholiken mit etwa 4 %, das ist rund 6 Millionen. Dann folgen Hinduisten, Buddhisten und Konfuzianisten. Die Blutsverwandtschaft besteht deshalb sehr oft über verschiedene Glaubensrichtungen hinweg, zwar nicht überall, aber doch in vielen Gebieten. Früher war die Heirat zwischen den verschiedenen Religionsangehörigen sogar noch häufiger als heute.

Deshalb ist die Geschichte von Pater Yanto keine Seltenheit, sondern wiederholt sich in verschiedenen Formen und Weisen. Die radikalen Gruppen wollen es nicht sehen und hören. Doch die Moderaten nehmen das gelassen.

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Pater Dr. theol. Markus Solo SVD ist Steyler Missionar. Er hat in Mödling, Wien, Rom und Kairo studiert sowie einige Jahre in Österreich als Priester gewirkt.

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