Flüchtlingspolitik bei 'Hart aber fair'

30. September 2015 in Kommentar


Wo Weltbilder aufeinandertreffen. Gastkommentar von Felix Honekamp


Köln (kath.net/Papsttreuer Blog) Allein aufgrund der Menge der nach Deutschland strömenden Menschen muss sich Flüchtlingspolitik auch mit innergesellschaftlichen Konsequenzen beschäftigen. Das ist ein Paradigmenwechsel.

„Wie viel Islam gehört zu Deutschland?“ – unter dieser etwas kryptischen Fragestellung stand am Montag die Hart-aber-fair-Sendung, und in ihr wurde deutlich, wie Weltbilder aufeinanderprallen können, wenn man über ganz unterschiedliche Dinge spricht. So waren auch die Rollen nicht vollständig klar verteilt, auch wenn sich im Verlauf verfestigte, dass sich Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin in NRW (Grüne) und Zekeriya Altug, Vorstandsmitglied der DITIB, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, irgendwie auf einer Seite wiederfanden, mit Hamed Abdel-Samad, Politikwissenschaftler und Islamkritiker, und Jens Spahn, parlamentarischer Staatssekretär (CDU) im Bundesfinanzministerium, auf der Gegenseite. Wobei ich mich ein bisschen scheue, das so zu schreiben, fiele es mir doch schwer, die Positionen so eindeutig zu betiteln.

In der Mitte saß dazu Dietmar Ossenberg, der als Journalist viele Jahre aus dem arabischen Raum berichtet hat. Ihm fiel die Konstellation möglicherweise besonders schwer, verwahrte er sich doch einerseits gegen eine zu einseitige Darstellung des Islam als mit der westlich-säkularen Kultur nicht kompatibel, kritisierte aber auch DITIB und andere Islamverbände für ihre zu weichen Reaktionen auf extremistische Entwicklungen in den muslimischen Gemeinden in Deutschland. Während man ihm dabei einerseits nur zustimmen kann, dass sicher nicht jeder Muslim gewalttätig ist, muss man sich aber umgekehrt auch fragen, wo seine Expertise geblieben ist, wenn er die islamistischen Gewalttätigkeiten aus seiner Betrachtung aufgrund eigener positiver Erfahrungen mit Muslimen einfach ausklammert.

Der eigentlich wesentliche Punkt wurde in dieser Gemengelage aber leider nur angedeutet, auch wenn die Redaktion das Thema mit einem Einspieler vorgestellt hat: Was ist eigentlich die deutsche Kultur, in die sich Flüchtlinge, egal welchen Glaubens, zu integrieren haben. Man konnte den offenbar körperlichen Schmerz auf dem Gesicht von Frau Löhrmann sehen, als es um dieses Thema ging, an dem sich die Geister offenbar scheiden. Während CDU-Mann Jens Spahn einer vorgeschlagenen Unterschrift unter das Grundgesetz durchaus etwas abgewinnen konnte, stand auf ihrer Stirn das Wort „Gesinnungstest“ geschrieben – mit dem gleichen Argument weist man seit Jahren Forderungen nach einer Verfassungstreue von linken Antifa-Bewegungen ab, da kann man offenbar nun nicht ohne weiteres zustimmen.

Dabei ist genau das die Kernfrage, die beantwortet gehört: Gibt es eine deutsche Leitkultur, an der sich Zuwanderer auszurichten haben, und wie sieht die aus? Das vorgestellte Beispiel eines Aufruhrs in einem Flüchtlingsheim, dass sich an einem zum Christentum konvertierten früheren Mulsimen entzündete, der einen Koran zerrissen und teilweise die Toilette heruntergespült hat, eignet sich dazu hervorragend: Gewalttätige Reaktionen auf solche Handlungen gehören sicher nicht zu unserer Leitkultur, das Verächtlichmachen religiöser Symbole, gleich welcher Religion, aber doch wohl hoffentlich auch nicht – auch wenn letzteres in der Mehrzahl der Fälle kaum zu verbieten sein wird. Man macht es damit aber Zuwanderern nicht eben leicht, wenn sie in ein Land kommen, in der sowohl Bibeln als auch Korane geschändet werden dürfen, und man sich maximal an die Polizei wenden kann. Verboten ist das – wie gesagt – meist nicht, ob wir aber die Möglichkeit, so etwas zu tun, als Teil unserer Leitkultur ansehen wollen, ist zumindest fraglich.

Auch wenn seine Positionen bisweilen polemisch klangen, waren die Hinweise von Hamed Abdel-Samad, früher selbst Moslem und nach eigenen Bekunden durchaus aggressiv auf Kritik am Islam reagierend, hilfreich, machen sie doch deutlich, wie wenig kompatibel ein Islam, noch dazu einer mit politischer Prägung, sein kann, wenn sich die Gläubigen an den Worten und Taten ihres Propheten halten: Gewaltanwendung, Unterdrückung der Frau, gewaltsame Diskriminierung von Homosexuellen, das alles sind Punkte, die Abdel-Samad als dem Islam immanente Probleme nennt, und die sich nicht ohne weiteres aus den Köpfen der Menschen entfernen lassen – vor allem nicht durch beschwichtigende Worte, dass sich die bereits in Deutschland lebenden Menschen eben auch auf eine solche Kultur einzustellen hätten. Der DITIB-Vertreter blieb leider jede schlüssige Antwort auf solche Themen ebenso schuldig, wie Frau Löhrmann, die sich vielleicht gestern bewusst geworden ist – ihre geringe Gesprächsbeteiligung sprach Bände -, dass ihr die Scherben der sogenannten Multikultur vor die Füße fallen.

Wieviel Islam gehört zu Deutschland, war die Frage, die gestern gestellt war. Hinterher ist man immer schlauer, aber die viel wesentlichere Frage, die man hätte stellen können, und die implizit überall gestellt wird, auf die eine Antwort zu finden aber nicht gerade leicht ist, wäre: Was ist Deutschland überhaupt? Ein Land, das auf diese Frage keine schlüssigeren Antworten als die Stichworte „Grundgesetz“ und „Fußball“ liefern kann, hat auf die Frage, wie viel Islam zu ihm passt, natürlich auch keine Antwort.

Hart aber Fair 28.9.1015: Wie viel Islam gehört zu Deutschland?


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