Appell von 60 Theologen: Reichtum von Humanae vitae nicht vergessen

17. September 2015 in Weltkirche


Das Instrumentum laboris konstruiere einen Gegensatz zwischen persönlichem Gewissen und Moralgesetz. Es könne deshalb die Gläubigen verwirren und solle korrigiert werden, fordern 60 Theologen und Philosophen.


Rom/Washington D.C. (kath.net/LSN/jg)
60 renommierte Theologen und Philosophen haben einen Appell unterzeichnet, der eine Korrektur des Instrumentum laboris für die kommende XIV. ordentliche Versammlung der Bischofssynode verlangt. Absatz 137 des Dokumentes verfälsche die kirchliche Lehre, indem er einen Gegensatz zwischen dem persönlichen Gewissen und der objektiven Norm konstruiere, heißt es in dem vom Stephan Kampowski (Rom) und David S. Crawford (Washington D.C.) verfassten Aufruf.

Unter den Unterzeichnern sind Weihbischof Andreas Laun (Salzburg), Prof. Martin Rhonheimer (Rom), Prof. Peter Schallenberg (Paderborn), Prof. Josef Spindelböck (St. Pölten), Dr. Helmut Prader (Heiligenkreuz), Prof. Josef Seifert (Granada) und Prof. em. Robert Spaemann zu finden.

Absatz 137 lautet in der deutschen Übersetzung wörtlich:

„Angesichts des in Humanae Vitae enthaltenen Reichtums an Weisheit ergeben sich im Hinblick auf die in ihr behandelten Fragen zwei Pole, die beständig miteinander zu verbinden sind: Auf der einen Seite die Rolle des Gewissens, das als Stimme Gottes verstanden wird, die im menschlichen Herz wiederhallt, das dazu erzogen ist, auf sie zu hören; auf der anderen Seite die objektive moralische Anweisung, welche es verbietet, die Zeugung als etwas zu verstehen, über das willkürlich, unabhängig vom göttlichen Plan zur menschlichen Fortpflanzung, entschieden werden kann. Wenn die Bezugnahme auf den subjektiven Pol vorherrscht, riskiert man leicht egoistische Entscheidungen; im andern Fall wird die moralische Norm als eine untragbare Last erlebt, die nicht den Erfordernissen und der Möglichkeit des Menschen entspricht. Die Zusammenführung der beiden Aspekte, die mit der Begleitung eines kompetenten geistlichen Führers gelebt wird, könnte den Eheleuten dabei helfen, Entscheidungen zu treffen, die zutiefst menschlich sind und dem Willen des Herrn entsprechen.“

Moralgesetz

Die Vorstellung, dass die moralische Norm „nicht den Erfordernissen“ des Menschen entspreche, widerspreche dem katholischen Verständnis von Moral. Sie impliziere eine willkürliche Vorstellung des Moralgesetzes, demzufolge eine Handlung nur deshalb schlecht sei, weil sie verboten sei. Dies entspreche nicht der katholischen Schöpfungslehre, die im Moralgesetz anthropologische Wahrheiten erblicke, deren Missachtung den „Erfordernissen und Möglichkeiten des Menschen“ gerade nicht entspreche.

Die moralische Norm sei keine Überforderung der menschlichen Person. Gott verlange von niemandem etwas Unmögliches, schreiben die Verfasser mit Bezug auf das Konzil von Trient.

Gewissen

Die Darstellung des Gewissens sei zweideutig und unvollständig, kritisieren die Verfasser des Appells. Es fehle der Bezug des Gewissens zum Gesetz, das der Mensch in sich vorfinde, weil es „in unsere Herzen geschrieben“ sei. Das Arbeitspapier stelle das Gewissen als subjektives Vermögen dar, das in dialektischem Gegensatz zum objektiven Moralgesetz stehen könne. Diese Auffassung von Gewissen widerspreche der katholischen Lehre und setze die spirituelle Würde des Menschen herab, weil er nicht in der Lage sei, seine Handlungen an einer objektiven Wahrheit auszurichten, heißt es in dem Appell.

Moralisches Urteil

Folge man der in Absatz 137 vertretenen Auffassung von Moralgesetz und Gewissen als „zweier Pole“, dann sei das moralische Urteil nicht mehr ein Gewissensurteil, das vom göttlichen Gesetz erleuchtet sei. Es sei vielmehr eine „Zusammenführung“ eines objektiven und eines subjektiven Poles. Diesem fehle aber das Kriterium. Da Gewissen und Moralgesetz als Gegensätze verstanden würden, könne keines von beiden ein Kriterium für die Zusammenführung liefern. Die im Arbeitspapier vorgeschlagene Unterstützung eines „kompetenten geistlichen Führers“ sei hier keine Hilfe, sondern zeige nur das Fehlen eines Entscheidungskriteriums, kritisieren die Verfasser.

Das Instrumentum laboris weise „ernsthafte Mängel auf“. Würde er bei der Synode unverändert gebilligt, könne Absatz 137 leicht zur Verwirrung der Gläubigen beitragen. Die Unterzeichner appellieren daher, den Absatz durch eine Formulierung zu ersetzen, der das Gewissen klarer darstelle, die Weisheit und Schönheit der Enzyklika Humanae vitae zum Ausdruck bringe und den Ehepaaren den Wert des göttlichen Planes für das Geschenk der Sexualität zeige.


Link zum Appell an Papst Franziskus (englisch):
firstthings.com


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