Ist Sex vor der Ehe jetzt okay?

11. September 2015 in Jugend


Das Warten bis zur Hochzeitsnacht ist nicht mehr populär. Sieben Gründe dafür, trotzdem mit dem Sex zu warten bis zur Ehe. idea-Kommentar von Nikolaus Franke


Wetzlar (kath.net/idea) Rund zwei Drittel aller 17-Jährigen haben schon einmal Sex gehabt. Das Warten bis zur Hochzeitsnacht ist nicht mehr populär. Der Jugendreferent des Fachverbandes für Sexualethik und Seelsorge, Weißes Kreuz (Ahnatal bei Kassel), Nikolaus Franke, wird oft gefragt, ob Sex vor der Ehe jetzt doch „okay“ ist. Seine Meinung: Nein, ganz und gar nicht. Sieben Gründe dafür, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten.

1. Die Bedeutung von Sex

Sex kann viele verschiedene Bedeutungen haben. Meist sind das Sicherheit, Annahme, Zuwendung, Liebe, Verlässlichkeit und Treue. Leider aber messen zwei Menschen der intimen Begegnung selten exakt dieselben Bedeutungen bei. Er sagt zum Beispiel: „Klar hat Sex für mich Treue bedeutet, aber ja nicht unbedingt ein Leben lang, sondern nur, solange wir zusammen sind.“ Sie antwortet: „Was? Dann hätte ich doch nie mit dir geschlafen. Ich meinte, wenn wir Sex haben, bleiben wir für immer zusammen!“ Wenn man aber bis zur Hochzeit wartet, können beide Partner prüfen, ob dem jeweils anderen die körperliche Beziehung das Gleiche bedeutet. Erst dann kann Sexualität ihre stabilisierende, fördernde und kommunikative Dimension voll erfüllen. Denn wenn eine Beziehung vor der Ehe zerbricht, ist die Verletzung nur umso größer, wenn man schon miteinander intim geworden ist.

2. Was sagt die Bibel?

In der Bibel steht, dass derjenige Christ authentisch ist, der Gott anruft und lobt und auch sein Leben an ihm und seinen Weisungen ausrichtet. Was also kann man aus Gottes Wort zum Umgang mit vorehelicher Sexualität ableiten? Jesus macht deutlich, dass die Ehe von Gott begründet wird als eine Folge der zweigeschlechtlichen Natur des Menschen. Und die Ehe wird auch in der Bibel formell geschlossen: Das kann man aus den im Schöpfungsbericht von Gott selbst genannten Schritten ableiten: 1. Verlassen der Eltern. 2. Anhängen an den Partner (was zugleich ein juristischer Begriff für „Bund schließen“ war). 3. „Ein Fleisch werden“ und somit im Intimleben den vorher öffentlich geschlossenen Bund partnerschaftlich vollziehen.

3. Gebe Dich als Christ zu erkennen!

Wer kennt das nicht: Man gibt sich vor anderen als Christ zu erkennen und wird prompt gefragt: „Musst du da mit Sex bis zur Ehe warten?“. Selbst wenn die Frage im eigenen Glauben meist wenig wichtig ist, scheint doch Sexualität und unser Umgang mit ihr eine Chance dafür zu sein, dass man als Christ erkennbar wird. Das gilt für die Zeit vor der Hochzeit wie auch danach! Ich mache die Erfahrung, dass viele – besonders meine moslemischen Freunde – geradezu aufatmen, wenn sie hören, dass meine Frau und ich bis zur Ehe gewartet haben. Sie freuen sich regelrecht, dass es einem als Christen an dieser Stelle „ernst“ war, dass er sich „den Glauben auch etwas hat kosten lassen“. Diese Erkennbarkeit kann später dazu führen, dass Freunde sich auch in Sinnfragen an uns wenden, weil sie uns anhand der Frage nach Sexualität überhaupt als Christen „entlarven“ konnten.

4. Die seelische Intimität ist größer

Sind wir ehrlich: Wenn man bis zur Ehe wartet, hat das auch Nachteile. Zum Beispiel kann es passieren, dass man mit überhöhten Erwartungen in die Hochzeitsnacht geht oder sogar heiratet, weil man endlich Sex haben möchte. Ein echter Nachteil sind oft auch die klaren Grenzen, die es braucht, um dem Sex vor der Ehe zu widerstehen. Sie werden von manchen Menschen sicherlich als unromantische Einschränkung erlebt. Zugleich gibt es aber auch Vorteile des Wartens gegenüber dem Sex vor der Ehe: Die Beziehung und die Behutsamkeit wachsen in der Zeit anders. Es entwickelt sich eine etwas andere Rücksichtnahme, oft auch eine größere seelische Intimität. Startet der Sex erst in der Ehe, bietet das einen Schutzraum, in dem beide Sex lernen können, in dem man auch mal versagen darf, ohne Angst haben zu müssen, wegen „schlechter sexueller Performance“ wieder verlassen zu werden.

5. Nimm Rücksicht auf andere!

Sind wir doch ehrlich: Kein Verhütungsmittel ist absolut sicher. Ein Kind kann durch Sexualität jederzeit entstehen. Eine standesamtlich geschlossene Ehe garantiert besonders der erziehenden Mutter Schutz. Aber Rücksicht ist auch geboten vor dem weiteren Umfeld: Denn wir sind auch ein Vorbild für diejenigen, die selbst nicht genauso verlässliche Partner haben oder sein werden. Die Bibel stellt klar, dass sich die Schwachen grundsätzlich an den Starken – in dem Falle also vielleicht wir – orientieren und nicht andersrum.

6. Du musst nicht vergleichen

Viele beschreiben auch, dass sie gerne auf Erfahrungen (schöne wie unangenehme), die sie vor ihrer Ehe mit anderen gemacht haben, verzichtet hätten. Danach hängen diese Ereignisse nämlich oft als Erinnerungen oder Vergleiche weiterhin in der Luft. Das ist unschön und kann die neue Beziehung sehr belasten.

7. Ein zauberhaftes Geheimnis

In der Zeit des Wartens gewinnt Sexualität selbst und der Partner sinngemäß an Würde und Wert. Sowohl die gemeinsame Nähe nach der Hochzeit als auch die Person des anderen sind einem dann noch teurer, denn man weiß, dass all das eine Gabe und nichts von alldem selbstverständlich ist. Einer Hochzeitsfeier, deren Braut und Bräutigam noch nicht intim waren, wohnt eine noch tiefere Bedeutung und Schönheit inne – fast ein zauberhaftes Geheimnis. Das „Ja, ich will!“ meiner Frau vor dem Altar war für mich noch unfassbarer, weil sie dieses zweite „Ja, ich will!“ zur Intimität ebenso erst dort beschlossen hat. Gott ist es, dem ich diesen einmaligen Menschen, die Ehe und das Geschenk der Sexualität verdanke, über das wir nie ganz allein verfügen können. Das erhält Demut und Dankbarkeit – wie ich hoffe, ein Leben lang.


© 2015 www.kath.net